Kommentar Der Bundeshaushalt - Die große Null

Dieser Haushalt ist gelesen - bis zur endgültigen Verabschiedung im Sommer. Wolfgang Schäuble hat jetzt, was er haben wollte. Erstmals seit 46 Jahren legt ein Bundesfinanzminister mit dem Etat für das laufende Jahr auch Eckwerte für den Haushalt des nächsten Jahres vor, der dann ohne neue Schulden auskommen soll.

Die Null steht. Jedenfalls auf Papier. Schäubles Null. Die Koalitionäre von CDU, CSU und SPD dürfen sich auf die Schulter klopfen, diesen Masterplan der Nullneuverschuldung mitzutragen. Ein großes Werk der "GroKo"?

Selbstredend hat die Opposition ihre Zweifel, dass die auf 298,5 Milliarden Euro in 2014 bezifferten Ausgaben gerecht verteilt sind. Die Grünen ärgern sich darüber, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei der Reform des Gesetzes über die Erneuerbaren Energien stromintensive Betriebe weiter begünstigt und die privaten Verbraucher die Rechnung zahlen lässt.

Gabriel ist damit ganz schnell, jawohl, der Genosse der Bosse. Man kennt das. Die Linke protestiert, dass Union und SPD die Sozialkassen plünderten anstatt Unternehmer und Reiche höher zu besteuern. Tatsächlich leistet sich die große Koalition (für einen Teil ihrer Wähler) große Projekte, die bezahlt werden wollen.

Die schwarz-roten Rentenpläne gibt es nicht umsonst, ebenso wenig die angekündigten Investitionen in Straße und Bildung. Und schließlich wollen Union und SPD auch Bundesländer und Kommunen noch entlasten. Stabilität, Haushaltskonsolidierung, "Schwarze Null" 2015? Die "prioritären Maßnahmen" der Koalition kosten richtig, so viel, dass Schäuble erst einmal darauf verzichtet, Überschüsse zu verbuchen und alte Schulden zurückzuzahlen. Allein der Bund hat im Laufe der Jahrzehnte Gesamtschulden in Höhe von 1,3 Billionen Euro angehäuft, die irgendwann abgebaut werden sollen.

Doch bitte, steht Schäubles Haushalt wirklich auf einem soliden Fundament, wie der Finanzminister selbst versichert? Tatsächlich kalkuliert Deutschlands oberster Kassenwart aktuell auch mit der extrem günstigen Konjunktur, die ihm hohe Steuereinnahmen beschert.

1969 hat ein Bundesfinanzminister letztmals einen Haushalt ohne neue Schulden präsentieren können. Wenn Schäuble im kommenden Jahr liefert, hat es tatsächlich länger als die Epoche einer Generation gedauert, bis ein Etat vorgelegt wird, der nicht zu Lasten der nächsten Generation geht. Generationengerechtigkeit ist ein schönes Schlagwort.

Wer es ehrlich durchbuchstabiert, kommt zwangsläufig an den Punkt, dass die Last der einen Generation nicht die Last der nächsten werden sollte - auch wenn staatliche Aufgaben nicht wie eine Unternehmensbilanz gelesen werden können. Die Null für 2015 steht. Sie nicht Schäubles Null. Es ist die Null der nächsten Generation.

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