Kommentar Das ganze Bild in Ägypten

Jerusalem · Die gewaltsame Niederschlagung der Proteste der Muslimbrüder durch die ägyptischen Sicherheitskräfte vergangene Woche war keine Kurzschlussreaktion, sondern sorgfältig geplant - das heißt, auch die entsetzten Reaktionen des Westens hatte das Militär einkalkuliert.

Die Festnahme des Chefs der Muslimbrüder, Mohammad Badie, zeigt ein weiteres Mal, dass Ägyptens Generäle mit aller Macht den Islamisten den Garaus machen wollen. Das Experiment mit dem gestürzten und ebenfalls inhaftierten Mohammed Mursi gilt als auf ganzer Linie gescheitert. Wenn nun auch noch Ex-Präsident Husni Mubarak freikommt, sieht es geradezu so aus, als ob das Militär das Rad der Geschichte zurückdrehen wolle.

Die Bilder aus Ägypten sind für westliche Augen schwer zu ertragen. Aber jeder, der urteilt, sollte sich das ganze Bild vor Augen halten. Dazu gehört, dass unter dem Islamisten Mursi in kurzer Zeit nicht nur die Wirtschaft am Boden lag, sondern auch die öffentliche Sicherheit nicht mehr gewährleistet war. Minderheiten wie die koptischen Christen waren und sind gezielt Angriffen ausgesetzt, Frauen fühlten sich auf der Straße nicht mehr sicher.

Viele Ägypter sind mit Blick auf die von Mursi durchgesetzte islamistische Verfassung überzeugt, dass ihr Land unter den Muslimbrüdern am Ende wie Afghanistan unter den Taliban ausgesehen hätte. All das rechtfertigt nicht die Exzesse, die es in den vergangenen Tagen gab. Aber ein abruptes Einfrieren jeder Art von Hilfen seitens des Westens dürfte verpuffen - die Saudis haben bereits Milliarden Dollar zugesagt.

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