Kommentar Amtseinführung von Papst Franziskus - Gegen die Angst

Ein Papst predigt Zärtlichkeit. Jorge Mario Berdoglios Predigt zu seiner Amtseinführung als Bischof von Rom gipfelt in einem grandiosen Satz, einem Aufruf, der eine alarmierende Diagnose enthält: "Wir dürfen keine Angst haben vor der Güte, ja, nicht einmal vor der Zärtlichkeit!"

Es ist ein Aufruf, der sich ausdrücklich an die ganze Menschheit richtet, an dem aber auch die Kirche ihr eigenes Handeln messen lassen muss. Was ist das für ein Papst, der dieser Angst vor der Güte ein Ende setzen möchte?

Er ist sicher niemand, der die katholische Glaubens- und Sittenlehre umstürzen will. Seine Ausführungen über das "Hüten" der Schöpfung, dem aber auch ein "Hüten" der Gaben Gottes in der Familie entsprechen müsse, knüpfen ausdrücklich an Johannes Paul II. an und sind nicht weit von Joseph Ratzingers "Ökologie des Menschen" entfernt.

Aber: Wo Benedikt XVI. eine Verbindung vom Umweltschutz zur katholischen Lehre über die Empfängnisverhütung herstellte, mit der die Natur des Menschen gegen ihre Manipulation verteidigt werde, da bezieht sich Franziskus schlicht auf die Verantwortung von Menschen füreinander.

Die Doktrin schiebt sich bei Franziskus nicht derart in den Vordergrund wie bei seinen Vorgängern. Zu was es am Ende führen kann, wenn kirchliche Mitarbeiter um der Doktrin willen Angst vor der Güte haben, das hat die Abweisung eines Vergewaltigungsopfers in Köln ja gezeigt. Wenn Franziskus seiner Kirche diese Angst nehmen kann - dann wird er ein ganz großer Papst.

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