Kommentar Altmaiers Atompolitik - Die Notbremse

Der Bundestags-Wahltag rückt unerbittlich näher. Empfindliche Preissteigerungen - wie zuletzt bei den Stromabgaben - stören da das Wohlfühl-Klima in der Bevölkerung empfindlich.

An die Spitze der Bewegung hat sich Umweltminister Altmaier mit seiner Idee gesetzt, zumindest für eine absehbare Laufzeit ein Strompreissicherungsgesetz zu fordern und auch durchsetzen zu wollen. Das Ziel ist korrekt benannt; der politische Weg dahin bleibt lang und verworren.

Es beginnt schon mit dem demonstrativen Stolz des Ressortchefs, den Entwurf als geheime Kommandosache behandelt zu haben. Eine stramme Leistung - das ist richtig. Sie wird dadurch in ihr Gegenteil verkehrt, dass man - wie der CDU-Minister - das Ganze öffentlich macht und sich mit der Diskretion brüstet.

Das provoziert Fragen, ob die Bundeskanzlerin eingeweiht war. Der Vize-Kanzler war es jedenfalls nicht. Er gab sich von dem Vorstoß "überrascht", hat aber keine prinzipiellen Einwände. Es spricht nicht für ein besonders gutes Betriebsklima, wenn man Rösler bei Entscheidungen dieser Tragweite ignoriert und brüskiert.

Dass Umwelt- und Wirtschaftsminister keine Freunde sein werden, liegt in der Natur ihrer Arbeitsteilung und der jeweiligen Interessenvertretung. Wenn man solche Umgangsformen aber einreißen lässt, würde dies die Annahme bestätigen, dass die Tage dieser Regierung ohnehin gezählt sind.

In der Sache hat Altmaier den richtigen Ansatz. Die Frage ist, ob die Instrumente zur Problemlösung geeignet sind. Immerhin handelt es sich um nichts anderes als einen staatlichen Preisstopp, der mit Marktwirtschaft nicht das Geringste zu tun hat. Es ist eine erste Energie-Notbremse.

Kann das Vier-Punkte-Programm Altmaiers funktionieren? Die Kanzlerin und ihr Umwelt-Experte haben die Energiewende mit dem Ausstieg aus der Atomkraft für unumkehrbar erklärt. Dies dient zur innenpolitischen Ruhigstellung all jener Politiker und Wirtschaftsverbände, die ihre letzte Hoffnung auf weitere Nuklear-Nutzung setzen.

Und auf Schwächen im Verlauf der weiteren Energiewende. Gespeist wird ihr Engagement durch die wankelmütige Haltung verschiedener anderer Staaten. Japan steht zwei Jahre nach der Fukushima-Katastrophe vor einer Wiederaufnahme der Atomstrom-Nutzung. Die osteuropäischen EU-Staaten debattieren den Neubau von Meilern - beispielsweise auch an der tschechisch-deutschen Grenze.

In Deutschland schwindet die Dynamik der Wende-Befürworter. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz spielt eine Schlüsselrolle. Das Thema wird im Wahlkampf eine gehörige Rolle spielen. Die Bundesregierung hat mit dem Altmaier-Entwurf klargemacht, dass Strompreise und ihre Höhe auch soziale Aspekte haben. Hoffnung auf eine rasche Umsetzung gibt es nicht.

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