Interview Ulrich Kelber: "Wir müssen uns öffnen"

LEIPZIG · Das Ende der "Ausschließeritis" ist der richtige Weg für die SPD, sagt der Bonner SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber. Mit ihm sprach auf dem Parteitag Ulrich Lüke.

 Setzt auf Kurkorrekturen: Ulrich Kelber.

Setzt auf Kurkorrekturen: Ulrich Kelber.

Foto: Ralf Günther

Herr Kelber, kann dieser Parteitag die SPD neu aufstellen, wie das die Generalsekretärin angekündigt hat?
Kelber: Ganz neu aufstellen muss der Parteitag die SPD sicher nicht. Aber er muss Kurskorrekturen bringen, weil das Wahlergebnis vom 22. September niemanden zufriedenstellen kann. Das war zwar ein Plus von 2,7 Punkten, aber da wollten wir nicht hin.

Welche Korrekturen sind notwendig?
Kelber: Es geht erstens darum, Vertrauen zurückzugewinnen, um die zurückzuholen, die uns früher gewählt haben und heute nicht mehr. Zweitens müssen wir uns öffnen für weitere Gruppen, die politische Angebote brauchen. Ich denke zum Beispiel an kleine Selbstständige, die keine vernünftige soziale Absicherung haben.

Stichwort Öffnung. Die Parteispitze will die "Ausschließeritis" beenden und sich für die Linkspartei öffnen. Ist das der richtige Weg?Kelber: Ja. Denn es ist falsch, mit Parteien nicht zu reden, die sich an demokratische Grundsätze halten. Das ändert aber nichts daran, dass die Linkspartei, so wie sie derzeit aufgestellt ist, auf Bundesebene nicht regierungsfähig ist. Es muss also von beiden Seiten etwas passieren. Aber es ist auch im Interesse unserer Demokratie, sich nicht auf ganz wenige Optionen zu begrenzen.

Wandel durch Annäherung?
Kelber: Wandel durch Annäherung - das hat in den 70er, 80er Jahren dazu geführt, dass der eine Partner aufgeben musste. Ich will jetzt die Linkspartei nicht mit dem Ostblock vergleichen, auch wenn sie in Ostdeutschland ja stärker ist. Aber die Linkspartei muss lernen, ein verlässlicher Partner zu werden, national und international.

Zwischenbilanz zu den Koalitionsverhandlungen: War der Krach der vergangenen Tage nur Theaterdonner?
Kelber: Nein, es ist sehr schwierig in den Arbeitsgruppen. Es gibt wenig Bereitschaft der Union, an der bisherigen Politik etwas zu ändern. Die CDU leidet an Ideenlosigkeit und ersetzt das durch Brutalität. Manchmal sind die Verhandlungen mit der CSU sogar leichter.

Welche drei Punkte müssen erfüllt sein, damit die SPD unterschreibt?
Kelber: Drei Punkte wären zu wenig. Die ersten Ergebnisse, die wir für die Mieter erreicht haben, sind etwas Wichtiges. Wir müssen auch all den Menschen, die arbeiten, aber davon nicht leben können, etwas bieten. Und es muss auch gesellschaftspolitisch einen Fortschritt geben.

Ihre Prognose, ob es klappt, in Prozenten?
Kelber: Das hängt vom Partner ab. Wenn es an der SPD liegt: 100 Prozent. Es ist machbar. Wenn es null wird, liegt es an Frau Merkel.

Zur Person

Ulrich Kelber (Jahrgang 1968) hat bei der Bundestagswahl 2013 erneut den Wahlkreis Bonn für die SPD gewonnen. Kelber ist verheiratet und hat fünf Kinder.

Der Diplom-Informatiker arbeitete in einer Wissenschaftseinrichtung und einem privaten IT-Unternehmen. Im Bundestag widmet er sich unter anderem der Energiepolitik.

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