Interview mit Generalsekretärin des Kirchentags Ueberschär: "Antwort auf den Zeitgeist"

Die promovierte Theologin Ellen Ueberschär zählt zu den bedeutendsten Theologinnen der Evangelischen Kirche unserer Tage. Mit ihr sprach K. Rüdiger Durth.

 Ellen Ueberschär, 1967 in Ostberlin geboren, wollte eigentlich Medizin studieren, was ihr der DDR-Staat aber verweigerte. Nach einer Ausbildung als Datenverarbeiterin begann sie 1988 das Studium der Theologie, das sie nach der Wende an westdeutschen Universitäten fortsetze. 2002 promovierte sie und wurde Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Loccum. 2006 wurde sie als Generalsekretärin des Kirchentages berufen.

Ellen Ueberschär, 1967 in Ostberlin geboren, wollte eigentlich Medizin studieren, was ihr der DDR-Staat aber verweigerte. Nach einer Ausbildung als Datenverarbeiterin begann sie 1988 das Studium der Theologie, das sie nach der Wende an westdeutschen Universitäten fortsetze. 2002 promovierte sie und wurde Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Loccum. 2006 wurde sie als Generalsekretärin des Kirchentages berufen.

Foto: dpa

Der Zeitgeist bläst sowohl der evangelischen Kirche als auch dem christlichen Glauben ziemlich kräftig ins Gesicht. Hat der Kirchentag darauf Antworten?

Ellen Ueberschär: Der Kirchentag ist selbst Antwort auf den Zeitgeist. Mit dem lebendigen Engagement Tausender Ehrenamtlicher zeigt er, dass christlicher Glaube und Weltverantwortung zusammenwirken können und so effektiv die Gesellschaft mitgestalten.

Lässt sich bereits jetzt absehen, ob der sich seit Jahren abzeichnende Trend fortsetzt, dass der Kirchentag im Blick auf die Teilnehmer älter wird und seine Anziehungskraft auf die Jugend verliert?

Ueberschär: Das ist nicht richtig. Der Anteil junger Menschen bei Kirchentagen ist höher als ihr Bevölkerungsanteil. Wichtig ist auch, dass Familien mit Kindern einen Platz auf dem Kirchentag haben. Das Schöne ist, dass alle Generationen sich angesprochen fühlen und gern zum Kirchentag kommen.

Der Deutsche Evangelische Kirchentag hat sich schon immer als Seismograph verstanden. Was wird er in diesem Jahr registrieren?

Ueberschär: Es ist mit Händen zu greifen, dass die vielen Flüchtlinge aus den Kriegs- und Krisengebieten das Thema Frieden wieder ganz neu auf die Agenda gesetzt haben. Frieden ist zu einer vielfältigen, ambivalenten Herausforderung geworden.

Der 500. Jahrestag der Reformation im Jahr 2017 rückt näher. Wird er auf dem Stuttgarter Kirchentag eine wichtige Rolle spielen?

Ueberschär: Wir werden uns auf das Reformationsjubiläum vorbereiten - mit einem Dialogvortrag des Lutherbiografen Heinz Schilling und der katholischen Theologin Dorothee Sattler. Außerdem wird es ein großes Informationszentrum zu den Planungen in Mitteldeutschland, dem Kernland der Reformation, geben. Zugleich wird es auch Workshops zu kritischen Aspekten des Reformationserbes geben.

Stellt die Losung des Stuttgarter Kirchentages 2015 - "damit wir klug werden" - die Fortsetzung der Losung des Hamburger Treffens vor zwei Jahren - "so viel du brauchst" - dar?

Ueberschär: In gewisser Weise ist es tatsächlich so, dass die jetzige Losung das Hamburger Thema fortsetzt. Es geht um eine gerechte Gestaltung der Welt, der Gesellschaft und der Kirche, die an die Lebensmöglichkeiten für kommende Generationen denkt. Das Maß aller Dinge darf nicht die unkluge Gier sein, sondern kluge, intelligente Lösungen für die Probleme, vor denen wir stehen, sind gefragt.

Ihr ganz persönlicher Wunsch an den Stuttgarter Kirchentag, der ja schon der vierte in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ist?

Ueberschär: Der Stuttgarter Kirchentag soll ein Zeichen für realen Frieden in der Welt und für sozialen Frieden in diese Gesellschaft senden. Ich hoffe, dass diese Ausstrahlung weit über die Kirchengrenzen hinaus wirkt.

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