Interview mit Sebastian Vollmer "Gewinnen wird nie alt"

NEW ENGLAND · Der deutsche Super-Bowl-Sieger Sebastian Vollmer über Motivation, die Euphorie in Boston und Schnee schippen.

 Hat den Triumph immer noch nicht komplett realisiert: "Es kommt einem ziemlich unwirklich vor", sagt Sebastian Vollmer.

Hat den Triumph immer noch nicht komplett realisiert: "Es kommt einem ziemlich unwirklich vor", sagt Sebastian Vollmer.

Foto: dpa

Sebastian Vollmer ist der erste deutsche Super-Bowl-Gewinner. Mit den New England Patriots gewann der Footballer aus Kaarst gegen die Seattle Seahawks das Endspiel der US-Profiliga NFL. In einer Telefonkonferenz mit deutschen Medien, darunter der GA, sprach der 30-Jährige über die Zeit seit dem Titelgewinn. Das Gespräch zeichnete Marcel Wolber auf.

Wie ist das Gefühl zwei Wochen nach dem Triumph?
Sebastian Vollmer: So langsam kehrt der Alltag ein. Wir haben hier in Boston zwei Meter Schnee, im Moment müssen wir mehr Schnee schippen als alles andere. Sonst komme ich nicht aus der Garage raus.

Und das müssen Sie selber machen?
Vollmer: Das nimmt mir keiner ab. Wir haben zwar gewonnen, aber das ändert uns als Menschen ja nicht. Und zumindest für mich ändert sich auch das Leben nicht.

Sie sind der erste deutsche Super-Bowl-Gewinner. Wie ist das für Sie?
Vollmer: Ein gutes Gefühl, ich freue mich natürlich riesig.

Wie war es, als Sie auf dem Feld realisiert haben: Ja, wir haben es geschafft?
Vollmer: Das war nichts als Euphorie, ein schwer zu beschreibendes Gefühl. Einfach pure Freude, pures Loslassen von allen Dingen, rumspringen, Arme hochreißen. Es war eine lange Saison, und es waren viele Jahre, in denen man auf dieses Ziel hingearbeitet hat.

Wann hat das Gefühl für Sie eingesetzt: Wow, wir haben den Super Bowl gewonnen?
Vollmer: Es kommt einem noch immer ziemlich unwirklich vor. So richtig angekommen ist es noch nicht bei mir. Man kann das nicht beschreiben. Man muss es sich immer wieder vor Augen führen, wenn man gefragt wird. Dann sagt man: Ja, stimmt. Ich bin Super-Bowl-Sieger.

Wie war die Feier nach dem Spiel?
Vollmer: Es gab eine riesige Party in unserem Team-Hotel mit den Familien und Gästen. Auch Pitbull und andere Stars waren dabei.

Wenn Sie jetzt durch Boston laufen, kennt Sie doch sicher jedes Kind?
Vollmer: Davon gehe ich mal aus. In Boston herrscht große Euphorie. Da sind Kinder, die einen anspringen. Das ist unwahrscheinlich, wie viel das den Menschen hier bedeutet.

Wie geht es jetzt für Sie weiter, fahren Sie erst einmal in Urlaub?
Vollmer: Das Problem - kein wirkliches - ist, dass die Saison so lange gedauert hat. Darüber ärgern wir uns natürlich nicht, weil wir gewonnen haben. Aber jetzt müssen wir uns eigentlich schon wieder auf die neue Saison vorbereiten. Eine lange Pause gibt es nicht.

Wie motiviert man sich wieder - das Größte haben Sie jetzt erreicht?
Vollmer: Das stimmt. Aber gewinnen wird nie alt. Wir schauen jetzt auf die Titelverteidigung. Der Ehrgeiz ist da noch mal größer, das passiert ja nicht so oft.

Wann werden Sie den Meisterschaftsring bekommen?
Vollmer: Ich glaube, das wird noch bestimmt bis Juni dauern. Die müssen angefertigt werden.

Kennen Sie denn Ihre Ringgröße?
Vollmer: Nein. Aber groß.

Wann kommen Sie mal wieder nach Deutschland?
Vollmer: Wahrscheinlich erst im Sommer vor dem Trainingslager.

Bringen Sie die Trophäe mit?
Vollmer (lacht): Das ist eher unrealistisch. Generell werden einzelne Spieler nicht damit auf den Weg gesetzt. Eher, wenn die gesamte Mannschaft dann mal irgendwo auftaucht. Aber ich werde mal unseren Eigentümer fragen, ob der in Deutschland mal vorbeikommen kann.

Wie bewerten Sie den Football in Deutschland?
Vollmer: Der ist in den letzten Jahren gewachsen, vor allem in Deutschland, aber auch in Europa generell. Wir haben gute Trainer. Und es werden mehr Spieler, die sich für die Randsportarten entscheiden. Deshalb glaube ich, dass es besser wird. Dass wir vier Deutsche in der NFL haben, zeigt, dass es auch außerhalb der USA Talente gibt. Wenn diese gefördert werden, dann klappt es auch, da spielt die Nationalität keine Rolle.

Zur Person

Sebastian Vollmer wurde am 10. Juli 1984 in Kaarst bei Düsseldorf geboren. Der Offensivspieler der New England Patriots ist 2,03 Meter groß und wiegt knapp 145 Kilogramm. Der Mann mit der Rückennummer 76 kam erst mit 14 Jahren zum Football. Über die deutsche Jugendnationalmannschaft und das College in Houston kam Vollmer 2009 zu den Patriots, wo er zum Stammspieler reifte.

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