Front gegen Sportstättennutzungsgebühr in Bonn: "Vereine werden sich zur Wehr setzen"

Am 14. Februar (18 Uhr, Stadthaus) tagt der Sportausschuss der Stadt Bonn, und wieder wird die Einführung der Sportstättennutzungsgebühr auf der Tagesordnung stehen. Bisher liegt die von der Verwaltung geplante Abgabe in Höhe von 750.000 Euro auf Eis, weil die Politik die Einführung davon abhängig gemacht hat, dass die Sportstätten zwecks möglicher Steuerersparnis in einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) überführt werden. Mit dem 2. Vorsitzenden des Stadtsportbundes, Uli Dahl, sprach Michael Nickels.

 Uli Dahl: "Der Sport darf nicht Prügelknabe jahrelanger verfehlter Bonner Finanz- und Anspruchspolitik sein."

Uli Dahl: "Der Sport darf nicht Prügelknabe jahrelanger verfehlter Bonner Finanz- und Anspruchspolitik sein."

Foto: privat

Der Sport- und Kulturdezernent Martin Schumacher wird wohl die Parteien auffordern, die Sportstättennutzungsgebühr abzusegnen - auch ohne die offenbar steuerrechtlich problematische Überführung der Sportstätten in einen BgA. Was erwarten Sie?

Uli Dahl: Ich erwarte, dass die Bonner Parteien einstimmig den Sportdezernenten stoppen. Die Vereine sind weder bereit noch in der Lage, weitere Einschränkungen hinzunehmen. Der Sport kann nicht der Prügelknabe jahrelanger verfehlter Bonner Finanz- und Anspruchspolitik sein.

Was wollen Sie tun?

Dahl: Zunächst allen Beteiligten noch einmal ins Gewissen reden. Sport ist wesentlich mehr als nur Leibeserziehung oder Körperkultur. Sozialisation und Integration spielen heute im Sport eine sehr große Bedeutung. Auch viele andere Werte, die gerade Jugendliche im Sport erfahren, etwa Fairplay oder das Einhalten von Regeln, sind extrem wichtig für die Persönlichkeitsbildung. Sport vermittelt Qualitäten für das Leben. Aber der Sport ist es leid, dass das die Politiker zwar immer aufs Neue in wohlfeilen, anerkennenden Worten loben, in der Praxis dem Sport dann aber die Unterstützung versagen.

Aber ist nicht zu erwarten, dass es so kommen wird? Dafür gibt es dann wieder für einige Ehrenamtler am Jahresende einen Ehrenpreis mehr ...

Dahl: Das, was die Stadt Bonn macht und weiter vorhat, ist ein Affront sondergleichen, eine Klatsche für jeden Ehrenamtlichen. Die Bonner Sportvereine erzielen durch ihr tägliches intensives Engagement nachweisbar hervorragende Ergebnisse sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport. Die Mitarbeiter in den 280 Vereinen - Funktionäre, Trainer, Übungsleiter und Betreuer - leisten ehrenamtlich tausende Stunden qualifizierter Arbeit. Da ist es schon eine perverse Form der Anerkennung, wenn die Stadt die Zuschüsse dann Zug um Zug kürzt und letztlich gänzlich streicht. Und obendrein sollen die Vereine dann noch Gebühren in Höhe von 750.000 Euro für die Nutzung städtischer Sportstätten zahlen.

Noch einmal: Was wollen Sie dagegen tun?

Dahl: Die Vereine haben sich formiert. Sie werden sich zur Wehr setzen. Noch soll es Gespräche mit den politischen Entscheidungsträgern geben, aber wenn die Parteien wirklich die Belastung des Sports beschließen, wird es Aktionen geben. Wir werden vor allem sehr deutlich machen, wer uns letztlich die Misere eingebrockt hat.

Was bedeutet das konkret?

Dahl: Ich will den Beschlüssen des Zusammenschlusses der Vereine nicht vorgreifen. Aber wir werden auch vor der nächsten Wahl noch nicht vergessen haben, welche Parteien die Sportstättennutzungsgebühr beschlossen haben. Wir werden Flagge zeigen! Wir hatten das in Bonn ja schon einmal. Auch damals hat letztlich die Partei, die die Abschaffung der Gebühren gefordert hat, dann die Wahl gewonnen. Alle müssen wissen, dass die Bonner Vereine rund 80.000 Mitglieder haben.

Aber es geht bei 80 000 Vereinsmitgliedern und einer angedachten Gebühr von 800.000 Euro um rechnerische zehn Euro pro Jahr für jedes Mitglied. Ist das nicht vertretbar?

Dahl: Das ist die Milchmädchenrechnung, die uns der Sportdezernent auftischt und die einfach falsch ist. Erst einmal sollen alle Jugendlichen bis 18 Jahre aus der Rechnung herausfallen. Und dann muss man alle die herausrechnen, deren Verein eine eigene Anlage betreibt, also Tennis- und Hockeyspieler, Ruderer, Kanuten, einige Judoka und andere. Nach unseren Berechnungen bleiben rund 30 000 zahlungspflichtige Mitglieder übrig, die den geforderten Betrag schultern müssten. Pro Nase bedeutet das 25 Euro. Ich kann Ihnen voraussagen, dass dann viele inaktive Mitglieder und viele Familien in sozialschwachen Vierteln aus den Vereinen austreten werden.

Aber der Sport ist ja nicht der einzige Bereich, der Opfer bringen soll...

Dahl: Ich kann es nicht mehr hören. Als die Stadt kurzlich unbedingt Frau Schlingmann als neue Intendantin verpflichten wollte, schien plötzlich Manövriermasse im Kulturetat vorhanden zu sein. Dann stellt man wieder fest, dass, siehe GA von Donnerstag, allein für die Erstellung des städtischen Jahresabschlusses 440 000 Euro für externe Beraterkosten bereitgestellt werden müssen. Gar nicht zu reden von den juristischen Beraterkosten für den Oberbürgermeister. Für alles ist Geld da, nur für den Sport nicht. Dabei sollte eigentlich ein Blick in die Gewalt- und Kriminalstatistik im Jugendbereich reichen. Der Sport ist es, der die Jugendlichen von der Straße holt.

Der Stadtsportbund bietet Maßnahmen in Brennpunkten wie Tannenbusch oder Dransdorf an...

Dahl: Ja, wir spielen im Tannenbusch bald wieder Basketball um Mitternacht, bei uns laufen Projekte in Dransdorf und am Brüser Berg. Alle in der Stadt sind dankbar dafür, aber sie tun nichts dafür. Bonn macht sich unattraktiv durch die Streichung aller Projekte für Jugendliche und das mittlere Alter. Das schließt auch die Museumsplatzkonzerte, die Rheinkultur und möglicherweise auch bald die Eisbahn ein. Bonn wird stattdessen durch seine hohen Kulturinvestitionen zum Rentnerparadies für Gutverdiener. Will man das wirklich?

Die Stadt sagt immer, dass sie sich mit ihrer hohen Kulturförderung attraktiv machen muss für die Global Player wie Telekom und Deutsche Post...

Dahl: Das ist doch unehrlich. Als ob die Mitarbeiter jener Firmen nicht auch sportlich aktiv sind und in Vereine gehen. Und auch sie haben Kinder, die Basketball oder Fußball spielen wollen.

Das Verhältnis des Stadtsportbundes zur Stadt scheint äußerst angespannt. Wie soll es weitergehen?

Dahl: Unser Ärger ist doch wohl nachvollziehbar. Noch vor anderthalb Jahren haben wir mit der Stadt den Pakt für den Sport unterschrieben. Wir stehen noch immer dazu, im Gegensatz zur Stadt. Damals wurde von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch die vertrauensvolle Zusammenarbeit gepriesen. Soziale Brennpunkte sollten mit Hilfe des Sports entschärft werden. Wir tun das und werden jetzt dafür bestraft. Aber wir sind weiter dialogbereit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort