Bilder in sozialen Netzwerken Wie Kinderfotos im Netz missbraucht werden

Bonn · Kinderfotos werden häufig arglos ins Internet gestellt. Dort landen sie häufig auf einschlägigen Seiten. Daten- und Kinderschützer warnen davor, Bilder uneingeschränkt im Netz zu veröffentlichen - und geben Tipps für einen sicheren Umgang.

Oft sind die Eltern arglos, wenn sie Bilder ihrer Kinder bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken veröffentlichen. Was viele nicht wissen oder ignorieren: die Kontrolle über die Fotos geben sie damit aus der Hand - mit potenziell gravierenden Folgen für den Nachwuchs. Daten- und Kinderschützer warnen deshalb schon seit langem davor, Bilder uneingeschränkt ins Netz zu stellen. Die Warnung gilt aber auch für Kinder und Jugendliche selbst, die häufig unbedarft Daten und Fotos von sich preisgeben.

Ohne Einschränkungen in den Datenschutzeinstellungen des jeweiligen Anbieters verbleiben die Fotos in vielen Fällen nicht auf den Profilseiten, sondern werden etwa auf Internetseiten im pädophilen Milieu verbreitet. Doch auch einschlägige Facebook-Seiten machen sich Kinderfotos zunutze, die ungeschützt veröffentlicht werden. Offenbar mit satirischer Absicht teilen etwa die Betreiber einer Seite die Fotos, die andere Nutzer von Kindern ins Netz stellen, denn die Administratoren geben gleichzeitig teils hämische Warnungen an die Eltern ab, die Bilder nicht ungeschützt zu verbreiten. Die Seite nennt ihr Angebot "Kinderbasar". Damit wollen die Betreiber den Eltern mutmaßlich einen Schrecken einjagen, indem sie deren Bilder in einen verstörenden Kontext stellen.

Zu sehen sind dort auch Bilder von Kindern in Bonn, die etwa auf dem Münsterplatz aufgenommen wurden. Häufig werden die Bilder von Seitenbesuchern dann unflätig und geschmacklos kommentiert, Kinder etwa als Ware bezeichnet. Strafbar machen sich die Betreiber allerdings nicht, weil sie die Fotos lediglich teilen. Auch gegen die Richtlinien von Facebook verstößt das Vorgehen nicht.

Auch Kinder haben Persönlichkeitsrechte

Hunderttausende Menschen verfolgen im Internet, wie kleine Kinder aufwachsen, viele kommentieren das auch. Dem Deutschen Kinderhilfswerk wird das Phänomen langsam ein wenig unheimlich. "Da geht es um Persönlichkeitsrechte, Privatsphäre und die Instrumentalisierung von Kindern", sagt Luise Meergans, Bereichsleiterin für Kinderrechte und Bildung. Sie wünscht sich mehr Kontrollinstanzen - und mehr Verantwortung bei Eltern.

Strafbar ist es nicht, wenn Eltern Kinderfotos veröffentlichen. Doch Luise Meergans wird hellhörig, wenn Kinder die Hauptrolle spielen: Sechsjährige, die auf YouTube Spielzeug oder Apps testeten. Zehnjährige, die bei Snapchat Einblicke in ihre Freizeit gewährten. Und Vierzehnjährige, die auf Instagram Mode- und Schminktipps gäben. "Kinder sind nicht mehr allein Rezipienten dieser Angebote, sie sind auch Akteure", beobachtet Meergans. Da sei für sie die Frage, wie freiwillig das alles noch sei. Denn manche Eltern hätten ihre Jobs an den Nagel gehängt, um mit Internet-Angeboten rund um den Nachwuchs den Lebensunterhalt zu verdienen.

"Viele Eltern meinen das schon gut", sagt Meergans. "Oder sie denken, ihr Kind wird berühmt. Und das wünscht sich eine Achtjährige ja vielleicht auch." Dennoch könne der Schutzgedanke manchmal auf der Strecke bleiben. Da gehe es nicht allein um Filmaufnahmen im Badeanzug oder beim Aufwachen. "Die Länge und Häufigkeit mancher Auftritte ist schon eine Form von Kinderarbeit", urteilt sie. Nur, dass für Kinderschauspieler bei Filmen sehr genaue Regeln gelten - bis hin zur Zustimmung des Jugendamts. Bei Mutter und Vater hinter der Kamera gebe es dagegen keine Auflagen.

Meergans sieht auch die Anbieter von Internet-Plattformen in der Verantwortung, wenn Familien dort ein öffentliches Leben führen. "Auch die Anbieter verdienen damit Geld. Aber es gibt bisher keinen Meldemechanismus und keine Kontrollinstanz." Sie sieht auch Regulierungsbedarf für Werberäte.

Was Kinderschützer vor allem befürchten, ist ein Aufweichen des Kinderschutzes. "Schon Dreijährige wehren sich gegen Fotos und sagen: Mach das weg", sagt Meergans. "Kinder haben auch ein ganz anderes Verständnis von Niedlichkeit und Peinlichkeit als Erwachsene." Doch oft würden sie wahrscheinlich gar nicht gefragt, bevor ein Film mit ihnen im Netz landet. "Ich habe als Kind aber einen Anspruch darauf, dass meine Eltern mich fragen, ob ich das überhaupt will", betont Meergans. (mit Material von dpa)

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