Sprachassistenz bei der Kindererziehung Die digitale Fee im Kinderzimmer?

Bonn · Die Digitalisierung erhält auch im Kinderzimmer Einzug. Das bedeutet, dass Kinder unter anderem mit Sprachassistenten interagieren. Das bringt nicht nur eine Annäherung an die digitale Welt, sondern auch Gefahren mit sich.

 Ein Kind spielt auf einem Tablet.

Ein Kind spielt auf einem Tablet.

Foto: dpa

Die fortschreitende Digitalisierung des Alltags macht auch vor der Welt der Kinder keinen Halt. Mittlerweile gibt es Puppen, die sich mit dem Internet verbinden können, programmierbare Roboter, die die Befehle der Kinder ausführen können und zahlreiche Apps von Spielzeuganbietern, die eine frühe Vernetzung möglich machen.

Aber auch schon lange vor dem aktiven Mitwirken des Kindes kommen digitale Geräte ins Kinderzimmer: Babyphones können bereits mit einer Kamera versehen werden und auf Anfrage Windeln nachbestellen.

Vor allem Geräte mit Spracherkennung und -steuerung werden immer beliebter. So gibt es zum Beispiel ein Gerät von Amazon, das mit der Software "Alexa" per Spracherkennung Bestellungen ausführen oder Haushaltsgeräte anschalten kann. Wie die meisten Softwares hört "Alexa" dabei immer mit, reagiert aber erst, wenn man ein bestimmtes Signalwort ausspricht. Diese Software kann zudem mit dem "Smart Home" verbunden werden und so Lampen oder Heizungen steuern.

Dass diese Softwares anfällig sind für Hacker-Angriffe und das Abfangen von Daten, ist allgemein bekannt. Die frühe Einbeziehung von digitalen Hilfsmitteln kann aber auch eine negative Entwicklung auf das Kind selbst haben. So gibt es bei den meisten Geräten und Softwares keinen "Kinderschutz" - die Sprachassistenten bieten Kindern auch Inhalte an, die nicht kindgerecht sind. So zum Beispiel in Amerika geschehen, als ein zweijähriges Kind Sexspielzeug angeboten bekam.

Aber auch abgesehen von solchen Zwischenfällen hat das Interagieren mit Spracherkennungssoftwares für Kinder Nachteile. So lernen sie etwa, ihre Wünsche und Vorstellungen durch Befehle umzusetzen, anstatt sich an ihre Eltern zu wenden oder selbst aktiv zu werden.

Zudem beklagen einige Kritiker, dass die Systeme wie "Alexa", "Cortana" oder "Siri" alle weibliche Stimmen haben. Es könnte das Bild entstehen, Frauen seien zum Ausführen von Befehlen da. Quartz News testete die Reaktionen der Sprachassistentinnen auf Beleidigungen und sexuelle Belästigung. Diese würden von den Softwares entweder nicht erkannt oder aber als Komplimente aufgefasst.

Auch Aspekte wie Höflichkeit oder Zufriedenheit können durch die Sprachsoftware in Gefahr geraten: Die Kinder können ihre Wünsche einfach äußern und sie erfüllt bekommen - als hätten sie eine digitale Fee im Kinderzimmer.

Erst kürzlich bestellte ein sechsjähriges Mädchen in Texas ein Puppenhaus im Internet und bekam gleich noch zwei Kilogramm Kekse mitgeliefert. Amerikanische Medien berichteten darüber, wiederholten den aufgesagten Befehl und sorgten damit kurioserweise dafür, dass eingeschaltete Geräte in vielen Haushalten ebenfalls die gleiche Bestellung abschickten.

Trotz dieser Probleme boomt die Herstellung und Entwicklung der Softwares. Demnächst soll Mattel einen Sprachassistenten "Aristoteles" für Kleinkinder auf den Markt bringen. Dieser soll die Kinder beim Aufwachsen begleiten, als Babymonitor dienen und Schlaflieder singen. Später soll er sogar bei den Hausaufgaben helfen.

Robb Fujioka von Mattel betonte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg, dass er die Klagen über die Sprachassistentern ernst nehmen würde und bei der Entwicklung des Produktes berücksichtigt habe. Trotzdem könne man nicht sagen, welche Auswirkungen "Aristoteles" haben werde. “Ehrlich gesagt, wir wissen es nicht”, so Fujioka.

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