Tag der vermissten Kinder Wenn Kinder verschwinden

Bonn · Inga, Madeleine und Etan haben eines gemeinsam: sie sind plötzlich verschwunden. Inga kam nicht mehr vom Holzsammeln im Wald zurück, Madeleine verschwand im Familienurlaub aus dem Bett und Etan war auf dem Weg zur Schule. Alltägliche Situationen, die Eltern und Beteiligte rat- und hilflos zurücklassen. Das einzige was bleibt, ist quälende Ungewissheit und die Frage nach dem, was passiert sein könnte.

Kinder reißen hin und wieder schon einmal aus. Da ist die Neugier, der Reiz des Abenteuers. Doch meistens ist der Drang nach Freiheit fast genauso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht ist. Dann kommen sie ganz schnell wieder nach Hause und alles ist gut. Aber leider eben nicht immer.

Vermisste Kinder in Deutschland

Jedes Jahr verschwinden in Deutschland mehr als 100.000 Kinder. Die meisten sind innerhalb weniger Stunden wieder Zuhause. Und doch bleibt der Aufenthaltsort von 2% der verschwundenen Kinder ungewiss. Laut Bundeskriminalamt gelten in Deutschland derzeit 3035 Kinder als vermisst. In Nordrhein-Westfalen gelten derzeit 13 Kinder als vermisst. Einige von ihnen sind schon seit Jahren verschwunden, andere sogar seit Jahrzehnten.

Alslangzeit-vermisst gilt in Deutschland, wessen Aufenthaltsort die Polizei innerhalb vonsechs Wochen nicht ermitteln konnte. In Nordrhein-Westfalen gibt es nach LKA-Angabenknapp 560 Langzeit-Vermisste, darunter 13 Kinder und 19 Jugendliche. 30 Jahrenach einer Vermisstenmeldung wird die Fahndung in der Regel eingestellt.

Die letzte Hoffnung für Eltern ist nach Einstellung der Suche durch die Polizei die Initiative "Vermisste Kinder". Die bietet unbürokratisch und vor allem schnelle Hilfe bei der Suche nach verschwundenen Kindern an. 24 ehrenamtliche Helfer unterstützen dann die Arbeit der Polizei durch Fotos und Beschreibungen auf ihrer Webseite. Der 1997 gegründete Verein organisiert seit 2003 nach amerikanischem Vorbild am 25. Mai den "Tag der vermissten Kinder".

Ungewissheit für die Eltern

Wenn Kinder verschwinden, beginnt für die Eltern eine schlimme Zeit. "Für die Angehörigen von Vermissten gibt es nichts Schlimmeres alsUngewissheit", sagte Frank Scheulen, Sprecher des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen gegenüber der dpa. Je länger diese Ungewissheit dauert, desto dankbarer sind die Angehörigen in der Regel, wenn schließlich etwas gefunden wird. Selbst, wenn es die Todesnachricht bedeutet. Aber dann haben die Angehörigen wenigstens die Möglichkeit abzuschließen und zu trauern.

Es muss ich etwas bewegen

Lars Bruhns, Vorsitzenderder Hamburger Initiative "Vermisste Kinder" kritisiert, dass hierzulande oftmals zu viel Zeit verschwendet wird. "BeiFällen, in denen Kinder entführt wurden, beträgt die Überlebenschance wenigeStunden." Die Fälle aus der Vergangenheit untermauern seine Aussage: es gibt kaum einen Fall, bei dem das Kind den Entführungstag überlebt hat. Deswegen sei die Öffentlichkeitsfahnung besonders in den ersten Stunden nach dem Verschwinden so wichtig. Doch dazu sind die föderalen Strukturen noch zu schwerfällig. "Es istdringend an der Zeit, dass sich da etwas bewegt. Andere Länder haben das längstumgesetzt und gezeigt dass es funktioniert."

Eine bundesweite Polizeistelle für vermisste Kinder könnte genau dort ansetzen. In Polen gibt es so ein Modell schon. Dort besteht seit zwei Jahren eine Sondereinheit, die Zugriff auf viele Webseiten von Medien hat - und das rund um die Uhr. 20 Beamte beobachten Vermisstenfälle des gesamten Landes. Werden zusätzliche Maßnahmen nötig, steuern sie zentral eine Öffentlichkeitsfahndung.

Ein Beispiel für den Erfolg ist die Entführung der zehnjährigen Maja. Die wurde im April bei Stettin entführt. Der schnelle Alarm führte zur Rettung des Kindes. Allerdings besteht auch hier noch Optimierungsbedarf. So gut die Nachricht auch klingt, bei der Suche lief nicht alles glatt. Dennoch ist es ein guter Anfang.

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