Wagenknecht und Bartsch führen Linke

Berlin · Nach zehn Jahren mit Gregor Gysi an der Spitze startet die Linksfraktion im Bundestag unter Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch in eine neue Ära.

 Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi kurz vor der Wahl der neuen Fraktionsführung. Foto: Bernd von Jutrczenka

Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi kurz vor der Wahl der neuen Fraktionsführung. Foto: Bernd von Jutrczenka

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Die Abgeordneten der stärksten Oppositionskraft wählten die beiden mit großer Mehrheit zu ihren Vorsitzenden. Wagenknecht erhielt 78,3 Prozent der Stimmen, Bartsch 91,6 Prozent. Gegenkandidaten gab es nicht.

Damit bilden zwei einstmals erbitterte Widersacher nun ein Führungsteam. Die 46-jährige Wagenknecht gilt als Wortführerin des linken Parteiflügels, der auf einen strammen Oppositionskurs der Linken setzt. Der 57-jährige Bartsch zählt zu den gemäßigten Reformern, die eine rot-rot-grüne Koalition im Bund anstreben.

Beide betonten, sie hätten frühere Differenzen zu den Akten gelegt. "Diese Frontstellungen, die gibt es so in dieser Form nicht mehr", sagte Wagenknecht. Das bedeute aber nicht, dass man immer einer Meinung sein müsse. Bartsch sagte, es gebe über 90 Prozent inhaltliche Übereinstimmung. Man wolle nun "mit Elan und Zuversicht anpacken".

Vor allem in der Außenpolitik sind die beiden Flügel nicht auf einer Linie. So ist die Parteilinke für den sofortigen Abzug aller Bundeswehrsoldaten aus dem Ausland, die Reformer sind zu Kompromissen bereit.

Weil die Linke knapp vor den Grünen stärkste Oppositionsfraktion ist, werden Wagenknecht oder Bartsch künftig auf die Regierungserklärungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag antworten. Gysi gab ihnen zum Auftakt seiner letzten Fraktionssitzung als Chef drei Ratschläge mit auf den Weg: Kompromisse im Sinne der Fraktion suchen, keine Minderheitenpositionen vertreten und darauf achten, dass das Privatleben nicht zu kurz kommt.

Gysi war zwischen 1990 und 2000 und dann wieder ab 2005 Vorsitzender der Abgeordneten seiner Partei im Bundestag. In den fünf Jahren dazwischen war er Berliner Wirtschaftssenator und stieg dann für drei Jahre ganz aus der Politik aus.

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur sagte Gysi, dass er auch bei einem Regierungswechsel zu Rot-Rot-Grün keine Spitzenposten mehr anstrebe. "Dann muss ich nicht Minister werden. Ich würde dann ja auch schon in meinem neuen Lebensabschnitt stecken, zu dem das nicht mehr passte."

Gysi wird dem Bundestag weiter angehören und wird stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. Außerdem will er eine Autobiografie schreiben. Bei seinem Abschied sagte er, dass er sich auf die neuen Freiheiten freue: "Ich bin bis heute Politiker und ab morgen Gesellschaftspolitiker", sagte er.

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