Schäuble will Kompetenzen der EU-Kommission beschneiden

Berlin/Brüssel · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die Kompetenzen der EU-Kommission beschneiden und hat eine Ausgliederung zentraler Aufgaben vorgeschlagen.

 Finanzminister Schäuble spricht im Bundestag in Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka/Archiv

Finanzminister Schäuble spricht im Bundestag in Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka/Archiv

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"Insgesamt ist (...) wichtig, dass die Kommission die richtige Balance zwischen ihrer politischen Funktion sowie der Rolle als Hüterin der Verträge wahrt", sagte ein Sprecher Schäubles, ohne auf Details einzugehen. Es gehe dabei aber nicht um eine Entmachtung oder Schwächung der EU-Kommission.

Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) will Schäuble unter anderem erreichen, dass die ursprüngliche Funktion der Brüsseler Behörde als "Hüterin der EU-Verträge" institutionell getrennt wird von ihren immer stärker werdenden politischen Aktivitäten.

Die Rechtsaufsicht über den Binnenmarkt und die Wettbewerbsregeln sollten daher der Kommission entzogen werden. Diese Funktionen sollten in politisch unabhängige Institutionen nach dem Vorbild des Bundeskartellamts ausgegliedert werden.

Die EU-Kommission wollte sich zu Schäubles Vorschlägen nicht äußern. Sie machte allerdings deutlich, dass sie Kritik an ihrer zuletzt stärkeren politischen Ausrichtung für ungerechtfertigt hält.

"Ja, wir haben eine politischere Kommission", kommentierte Sprecherin Mina Andreeva. Dies sei aber unter anderem deswegen legitim, weil EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Gegensatz zu seinen Vorgängern Wahlkampf machen musste, um den Posten zu bekommen. Gleichzeitig betonte sie, dass "politischer" nicht "parteiisch" bedeute.

Nach Informationen der "FAZ" hat Schäuble eine Diskussion über die Kernaufgaben der EU bereits auf dem Treffen der EU-Finanzminister Mitte Juli angesprochen. Der niederländische Finanzminister und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem wolle das Thema zu einem Schwerpunkt des niederländischen EU-Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2016 machen.

In Junckers Umgebung heißt es nach Angaben der FAZ, Schäubles Initiative spiegele eine sehr deutsche Sicht der Dinge wider. Die Kommission habe als Hüterin der Verträge nicht nur die Aufgabe, den Binnenmarkt und die Wettbewerbsregeln durchzusetzen, sondern auch das Mandat, das gemeinsame europäische Interesse zu fördern.

Unklar blieb zunächst, wie durch die von Schäuble vorgeschlagene Neuordnung der Kommissions-Kompetenzen in den Bereichen Binnenmarkt und Wettbewerbsregeln die Balance zwischen politischer Funktion sowie "Vertragshüterin" erreicht werden könnte. Größere Kritik am Kurs der Behörde hatte es zuletzt vor allem am Umgang mit Defizitsündern wie Frankreich gegeben. Es werde nicht hart genug auf die Einhaltung von Regeln gepocht, wird bemängelt.

Streit zwischen Juncker und Schäuble gibt es nach Angaben von Andreeva nicht. "Herr Juncker kennt Herrn Schäuble seit Jahrzehnten. Er schätzt ihn als einen der überzeugendsten und überzeugtesten Europäer, die wir haben", kommentierte sie. Juncker verfolge mit einem großen freundschaftlichen Interesse alle Ideen von Schäuble.

Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn, warf Schäuble vor, "Europa das deutsche Fiskaldogma aufzwingen". Europa brauche keine weiteren, demokratisch nicht legitimierten Institutionen. Vielmehr müssten das Europaparlament und dessen Einflusses gestärkt werden.

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