Pistorius hat Angststörung: Staatsanwalt will neues Gutachten

Pretoria · Paralympics-Star Oscar Pistorius leidet nach Angaben einer Psychiaterin unter einer Angststörung.

Der des Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp angeklagte Pistorius habe eine "intensive Angst vor Südafrikas hohe Kriminalitätsrate", betonte die forensische Psychiaterin Merryl Vorster am Montag vor dem Gericht in Pretoria. Staatsanwalt Gerrie Nel forderte daraufhin ein unabhängiges psychiatrisches Gutachten. Richterin Thokozile Masipa wollte bis Dienstag darüber entscheiden.

"Er beschrieb sich selbst als isoliert und alleine ... Er wollte nicht alleine zu Hause sein und lud deshalb Freunde zu Übernachtungen ein", berichtete Prof. Vorster als Zeugin der Verteidigung. Pistorius sei im Alter von 15 Jahren vom Tod seiner Mutter traumatisiert worden, sagte Vorster.

Die Angstzustände des unterschenkelamputierten Sportlers seien aber nicht so schwer, dass Wahrnehmungsstörungen und damit eine Paranoia diagnostiziert werden könnten. Pistorius könne daher nicht von der Verantwortung für seine Handlungen entbunden werden, sagte die Psychiaterin. Der 27-Jährige habe mit strenger Disziplin und mit Sicherheitsmaßnahmen versucht, seine Ängste in den Griff zu bekommen.

Vorster musste allerdings bei der Befragung durch Nel zugeben, dass sie erst vor wenigen Wochen erstmals mit Pistorius gesprochen habe. Der Staatsanwalt meinte, der Angeklagte müsse, wenn er denn psychisch gestört sei, künftig unter Beobachtung gestellt werden. Die Verteidigung erhob Einspruch.

Staatsanwalt Nel hatte zuvor Kompetenz und Unbefangenheit des Ballistik-Experten Thomas Wolmarans angezweifelt. Dieser hatte die mögliche Bahn des Geschosses berechnet. Wolmarans musste im Kreuzverhör am Montag vor dem Gericht Pretoria zugeben, dass er manche Tests am Tatort erst vor wenigen Wochen auf Wunsch der Verteidigung gemacht habe. Zudem habe er sich mit anderen Experten der Verteidigung vor seiner Vernehmung über die Aspekte der Tat unterhalten.

Wolmarans hatte am Freitag berichtet, dass der behinderte Profisportler keine Prothesen getragen habe, als er am 14. Februar 2013 die tödlichen Schüsse auf seine Freundin abgab. Dies würde den Aussagen des Angeklagten entsprechen. Wenn Pistorius hingegen Prothesen getragen hätte, könnte das darauf hindeuten, dass er Zeit hatte, sie anzulegen - er also mit Vorsatz handelte.

Allerdings sagte der Experte auch, dass Steenkamp bekleidet gewesen sei, sie also nicht auf der Toilette gesessen habe, als Pistorius durch die Tür schoss. Das könnte bedeuten, dass sie mit ihm sprach. Pistorius beteuert, er habe geschossen, weil er hinter der Tür einen Einbrecher vermutete.

Der Prozess, der am Montag den 30. Verhandlungstag hatte, geht in die Schlussphase. Er soll noch im Mai zu Ende gehen. Bei einer Verurteilung droht Pistorius eine lebenslange Haftstrafe.

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