Wegen Snowden: Greenwald lehnt Aussage im NSA-Ausschuss ab

Berlin · Aus Protest gegen den Umgang mit dem früheren Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat der US-Journalist Glenn Greenwald überraschend seine Aussage im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages abgesagt.

 Ein Jahr ist es her, dass sich der US-Whistleblower Snowden nach Russland abgesetzt hat. Keiner weiß, wie es weiter gehen soll. SPD-Fraktionschef Oppermann will eine humanitäre Lösung. Foto: Guardien/Glenn Greenwald/Laura Poitras

Ein Jahr ist es her, dass sich der US-Whistleblower Snowden nach Russland abgesetzt hat. Keiner weiß, wie es weiter gehen soll. SPD-Fraktionschef Oppermann will eine humanitäre Lösung. Foto: Guardien/Glenn Greenwald/Laura Poitras

Foto: DPA

Greenwald habe seinen Schritt in der Nacht zum Freitag per E-Mail mitgeteilt, sagte der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU) der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Greenwald kritisierte das Vorgehen im Ausschuss scharf und begründete seine Absage damit, dass das Gremium keine Befragung Snowdens in Deutschland ermögliche.

Snowden hatte vor gut einem Jahr in großem Stil vertrauliche Dokumente über die ausufernde Überwachungspraxis der National Security Agency (NSA) an Journalisten übergeben - als erstes an Greenwald.

Ursprünglich hatte der NSA-Ausschuss geplant, Greenwald in der ersten Sitzung nach der parlamentarischen Sommerpause - am 11. September - per Videoschalte aus Brasilien zu befragen. Der Journalist lebt in Rio de Janeiro. Dazu kommt es nun aber nicht.

"Es ist schade, dass er nicht mehr zur Verfügung steht. Ich nehme das jetzt erst mal zur Kenntnis", sagte Sensburg. "Aber vielleicht überlegt es sich Herr Greenwald ja noch mal." Der US-Journalist sei ein wichtiger Zeuge. Der Ausschuss soll die NSA-Affäre aufarbeiten.

In seinem Schreiben erhebt Greenwald schwere Vorwürfe gegen das Gremium. Er wolle den Bundestag gerne bei einer "ernsthaften Untersuchung" unterstützen. Durch die Ablehnung einer persönlichen Befragung des Schlüsselzeugen Snowden hätten deutsche Politiker jedoch gezeigt, dass es ihnen wichtiger sei, die USA nicht zu verärgern.

Eine wirkliche Untersuchung der Vorgänge solle offenbar vermieden werden. Stattdessen gehe es um "leere Symbolik". Sollte das Parlament doch noch den Mut finden, Snowden persönlich in Deutschland zu befragen, würde er seine Haltung aber noch einmal überdenken, schrieb Greenwald. "Spiegel Online" hatte als erstes über die Absage berichtet.

Die Opposition in Berlin bemüht sich seit Monaten, Snowden für eine Aussage vor dem NSA-Ausschuss nach Deutschland zu holen. Die Bundesregierung hat eine Vernehmung des Amerikaners auf deutschem Boden bislang aber immer abgelehnt und dies mit einem angeblich drohenden Schaden für das deutsch-amerikanische Verhältnis begründet. Auch die schwarz-rote Ausschussmehrheit stemmte sich gegen eine Vernehmung in Deutschland. Eine Aussage in Russland wiederum, wo sich Snowden derzeit aufhält, lehnt der Whistleblower ab.

Die USA suchen Snowden per Haftbefehl. Seit dem 1. August 2013 hat der Ex-NSA-Mitarbeiter Asyl in Russland, begrenzt auf ein Jahr. Das heißt, die Aufenthaltserlaubnis lief formell in der Nacht zum Freitag ab. Noch ist unklar, ob Snowden länger in Russland bleiben darf. Die dortige Einwanderungsbehörde hatte bereits vage eine Verlängerung in Aussicht gestellt.

Eine offizielle Verkündung von russischer Seite dazu steht aber noch aus. Eine von den USA wiederholt geforderte Auslieferung galt weiter als äußerst unwahrscheinlich. Unklar ist auch, ob Snowden diesmal möglicherweise politisches Asyl in Russland beantragt hat.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach sich dafür aus, Snowden eine Rückkehr in seine Heimat USA zu erleichtern. "Er bliebe sonst Zeit seines Lebens verfolgt", sagte er der dpa. Ähnlich hatte sich zuvor Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geäußert.

Linksfraktionsvize Jan Korte beklagte, diese Ratschläge aus den schwarz-roten Reihen ließen nur darauf schließen, dass die Koalitionäre genauso viel Angst vor einer Zeugenaussage Snowdens in Deutschland hätten wie ihre Kollegen in der US-Regierung.

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