Kein Hausarrest: Berlusconi kann vorerst aufatmen

Mailand · Die Arbeit im Seniorenheim ist eine weitere Demütigung für Italiens früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, dennoch kann er zufrieden sein. Ohne strikten Hausarrest kann der Ex-Regierungschef wohl auch in der Politik weiter kräftig mitmischen.

 Silvio Berlusconi muss nicht in den Hausarrest. Foto: Ettore Ferrari/Archiv

Silvio Berlusconi muss nicht in den Hausarrest. Foto: Ettore Ferrari/Archiv

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Berlusconi muss in einer Seniorenresidenz Sozialdienst leisten. Ein Gericht in Mailand entschied, dass der rechtskräftig verurteilte Ex-Regierungschef einmal pro Woche für jeweils mindestens vier Stunden in einem katholischen Altenheim bei Mailand sozial tätig sein soll. Berlusconi (77) kommt so um den viel strengeren Hausarrest herum und kann weiterhin - wenn auch mit einigen Einschränkungen und Auflagen - politisch in Rom aktiv sein.

Zwar ist diese Lösung für Berlusconi mit Behinderungen verbunden, die Richter in Mailand billigten ihm jedoch auch Freiheiten zu. So kann er sich bei einem entsprechenden Antrag jede Woche von Dienstag bis Donnerstag in Rom aufhalten, um sich um die Politik zu kümmern.

Vermutlich wird die einjährige Strafe außerdem noch auf insgesamt zehneinhalb Monate verkürzt. Davon abgesehen darf Berlusconi seine Heimatregion, die Lombardei, nur nach vorheriger Genehmigung verlassen und muss zwischen 23.00 und 6.00 Uhr zu Hause bleiben.

Berlusconi war im August vergangenen Jahres im Mediaset-Prozess wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt worden, von denen drei wegen einer Amnestieregelung sofort ausgesetzt worden waren. Ins Gefängnis muss der 77-Jährige wegen seines Alters nicht mehr.

Er war nach seiner ersten rechtskräftigen Verurteilung auch aus dem Senat ausgeschlossen worden und mit einem Verbot öffentlicher Ämter für zwei Jahre belegt worden. Er darf daher nicht als Spitzenkandidat seiner Mitte-Rechts-Partei Forza Italia (FI) für die Europawahl Ende Mai antreten, will jedoch als Leitfigur den Wahlkampf führen.

Schon am Donnerstag will Berlusconi in Rom Kandidaten und Programm vorstellen. Die FI steckt rund eineinhalb Monate vor der Wahl in einer tiefen Krise. Dementsprechend zufrieden reagierten seine Anwälte auf die Entscheidung, die Berlusconi mehr Spielraum lässt als der Hausarrest. Sie sei ausgewogen und zufriedenstellend und berücksichtige seine politischen Aktivitäten, teilten sie mit.

Die Entscheidung für den Sozialdienst hatte sich bereits in der vergangenen Woche angebahnt. In der Anhörung am Donnerstag hatten Berlusconis Anwälte Sozialdienst in einer Behinderteneinrichtung für ihn beantragt. Der Staatsanwalt hatte sich ebenfalls für diese Form der Strafe ausgesprochen und ein Altenheim vorgeschlagen.

Der Sozialdienst gilt nun zunächst auf Probe - die Richter könnten ihr Urteil wieder revidieren und Berlusconi doch noch zum Hausarrest verurteilen, wenn er beispielsweise Regeln nicht einhält. Auch ist er aufgefordert, sich nicht mehr negativ über die Justiz Italiens zu äußern.

Die Verurteilung im Mediaset-Prozess war der erste rechtskräftige Schuldspruch für Berlusconi. Gegen ihn laufen jedoch noch eine Reihe weiterer Verfahren, so soll etwa im Juni der "Ruby"-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten in zweiter Instanz beginnen. In erster Instanz war er zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

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