Immer mehr Ebola-Tote - und kein Ende in Sicht

Genf/Atlanta/Berlin · Die Lage in Westafrikas Ebola-Gebieten hat sich weiter verschärft. Zwei erkrankte US-Helfer sind unterdessen wieder gesund. Drei Wochen nach seiner Heimkehr aus Liberia wurde der Arzt Kent Brantly am Donnerstag aus einem Krankenhaus in Atlanta entlassen.

 Das größte Problem bei der Bekämpfung des Ebola-Ausbruchs ist die Armut. Foto: Ahmed Jallanzo/Archiv

Das größte Problem bei der Bekämpfung des Ebola-Ausbruchs ist die Armut. Foto: Ahmed Jallanzo/Archiv

Foto: DPA

Seine Mitarbeiterin Nancy Writebol war bereits zwei Tage früher als geheilt erklärt worden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rechnet damit, dass die Epidemie noch Monate andauern wird. Hilfsorganisationen befürchten eine Hungerkrise.

"Heute ist ein Tag der Wunder", sagte Brantly vor Journalisten im Emory University Hospital in Atlanta. "Ich bin außer mir vor Freude, am Leben zu sein, wohlauf zu sein und mit meiner Familie vereinigt zu sein", sagte der 33-Jährige. Er hoffe, dass sein Schicksal die Aufmerksamkeit auf die Leidenden in Afrika gelenkt habe. Der Arzt hatte experimentelle Medikament "ZMapp" und dazu noch Blut von einem Jungen bekommen, der Ebola überlebt hatte. Brantly hatte den 14-Jährigen noch betreut, bevor er selbst an Ebola erkrankte.

Writebol und ihr Mann hatten der Öffentlichkeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am Dienstag gemieden. "Nach einer gründlichen Behandlung und Untersuchung konnte das Ärzteteam feststellen, dass beide geheilt sind und zu ihren Familien zurückkehren könnten", teilte die Hilfsorganisation mit, für die Brantly und Writebol arbeiteten.

Beide hatten das Mittel "ZMapp" bekommen. Ob das Präparat zu ihrer Genesung beitrug, ist unklar. Die WHO verwies jedoch am Donnerstag unter Berufung auf Mediziner in Liberia darauf, dass in dem Land zwei Ärzte und eine Krankenschwester mit dem Antikörper-Präparat behandelt wurden. Einem Arzt und der Krankenschwester gehe es inzwischen deutlich besser, der Zustand des anderen Mediziners sei immer noch ernst. Die Vorräte des Mittels seien erschöpft, hieß es weiter.

Nach WHO-Angaben stieg die Zahl der Todesfälle in Westafrika auf mindestens 1350. Allein am 17. und 18. August seien aus Guinea, Liberia, Nigeria und Sierra Leone 221 bestätigte und Verdachtsfälle sowie 106 weitere Ebola-Tote gemeldet worden. Die WHO geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Krankheit besonders heftig in Liberia wütet: Dort wurden bis vorigen Montag 972 der insgesamt 2473 bestätigten oder verdächtigen Fälle registriert. 576 Ebola-Tote wurden in dem Land gezählt.

Wegen der Schließung von Grenzen in Westafrika und anderer Quarantänemaßnahmen sei der Handel vielerorts zum Erliegen gekommen, sagte die Koordinatorin der Welthungerhilfe in Liberia, Asja Hanano, in Berlin. Große Märkte blieben deshalb geschlossen. Zudem seien in Sierra Leone viele Bauern an Ebola gestorben oder dürften ihre Häuser für Wochen nicht mehr verlassen. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis seien dort bereits um bis zu 40 Prozent gestiegen.

WHO-Chefin Margaret Chan betonte in der Zeitschrift "New England Journal of Medicine", das größte Problem bei der Bekämpfung des Ausbruchs in den am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone könne mit einem einzigen Wort beschrieben werden: Armut. In diesen Ländern kämen nur ein oder zwei Ärzte auf 100 000 Einwohner. Zudem seien die Gesundheitssysteme in jahrelangen Konflikten weitgehend zerstört worden.

"Die internationale Gemeinschaft muss sich darauf einstellen, dass noch viele weitere Monate lang massive, koordinierte und zielgerichtete Unterstützung nötig sein wird", schrieb Chan. In diesen Ländern lasse sich "die Einstellung der Öffentlichkeit in zwei traurigen Worten zusammenfassen: hilflos und hoffnungslos".

Spezialisten der WHO prüfen derzeit in Liberia Gegenmaßnahmen. In mehreren Regionen und der Hauptstadt Monrovia wurden von Polizei und Militär bewachte Quarantänezonen eingerichtet. Im Armenviertel West Point der liberianischen Hauptstadt kam es dabei zu gewalttätigen Unruhen. Sicherheitskräfte gaben Schüsse ab, die Menschen verletzt haben sollen. Die Regierung betonte aber, den Einsatzkräften seien nur Warnschüsse erlaubt. Eine landesweite nächtliche Ausgangssperre wurde laut Medienberichten weitgehend beachtet.

Südafrika verhängte ein Einreiseverbot für Reisende, die aus den Ländern mit Ebola kommen. Südafrikanische Staatsbürger, die sich in Guinea, Liberia, Sierra Leone oder Nigeria aufgehalten hätten, würden befragt und bei Bedarf untersucht, sagte Gesundheitsminister Aaron Motsoaledi laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Press Agency.

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