Entsetzen über Nimrud-Zerstörung durch IS

Paris · Die Zerstörung der Jahrtausende alten Stadt Nimrud durch die IS-Terrormiliz im Norden des Iraks hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Unesco-Chefin Irina Bokowa nannte die neue Tat des Islamischen Staates (IS) ein "Kriegsverbrechen".

 Nimrud wurde um 1270 v. Chr. gegründet und war zeitweilig die Hauptstadt Assyriens. Foto: Shawn Baldwin/Archiv

Nimrud wurde um 1270 v. Chr. gegründet und war zeitweilig die Hauptstadt Assyriens. Foto: Shawn Baldwin/Archiv

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Der Direkter des Vorderasiatischen Museum in Berlin, Markus Hilgert, sprach von einer "Katastrophe für das Kulturerbe der Menschheit".

Auch der höchste schiitische Geistliche im Irak, Großajatollah Ali al-Sistani, verurteilte die Zerstörung. Sie sei ein weiterer Beweis für die Brutalität des IS und seiner Feindschaft zum irakischen Volk, erklärte er in seiner Freitagspredigt in Kerbela.

Der IS hatte nach Angaben des irakischen Altertumministeriums die Stadt Nimrud mit ihren einmaligen Kulturgütern überrannt. Demnach begannen IS-Anhänger damit, die antike Stätte mit schwerem Gerät zu zerstören. Die irakische Nachrichtenseite Al-Mada zitierte Augenzeugen, der IS habe die Zerstörung etwa seit einer Woche vorbereitet.

Nimrud ist eine bedeutende assyrische Ruinenstätte knapp 40 Kilometer südlich der IS-Hochburg Mossul. Dort stehen Überreste von Palästen und einzigartige Torhüterfiguren, geflügelte Stierkörper mit Menschenköpfen. Die historische Stadt wurde um 1270 v. Chr. gegründet und war zeitweilig die Hauptstadt Assyriens.

Erst Ende Februar hatten die Dschihadisten ein Video veröffentlicht, das die Zerstörung assyrischer Kulturgüter zeigt. So zertrümmerten sie Statuen im Museum Mossul und eine einzigartige assyrische Torhüterfigur, die mehr als 2600 Jahre alt ist. In dem Video erklärt ein IS-Anhänger, die Statuen hätten der Vielgötterei gedient. Die Sunnitenmiliz beruft sich dabei auf eine Interpretation des Islams, die die bildliche Darstellung von Menschen und Gott verbietet.

Die Zerstörung in Nimrud sei "noch eine Steigerung gegenüber dem, was in Mossul geschehen ist", sagte der Altorientalist Hilgert der Deutschen Presse-Agentur. "In Nimrud wird auch der archäologische Kontext zerstört, der viel über die Fundstücke erzählt und ihnen erst ihre Bedeutung gibt." Die neuesten Taten der Islamisten seien ein Weckruf an die internationale Gemeinschaft, erklärte Hilgert.

Auch Unesco-Chefin Bokowa erklärte, angesichts dieser Taten dürfe niemand schweigen. Dieser neue Angriff rufe in Erinnerung, dass die im Irak wütende kulturelle Säuberung nichts und niemanden ausspare, erklärte sie in Paris. Bokowa forderte die Verantwortlichen in der Region auf, "sich gegen diese neue Barbarei zu erheben".

Nach der ersten Zerstörung altorientalischer Kulturgüter durch den IS Ende Februar hatte sie bereits eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates verlangt und sich an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gewandt.

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