Union uneins über Umgang mit Gesetz zur Tarifeinheit

Berlin · Die Union sendet nach der Verabschiedung des heftig umstrittenen Tarifeinheitsgesetzes im Bundestag unterschiedliche Signale zum künftigen Umgang mit Streiks.

 Die Abgeordneten des Bundestages stimmten am Freitag im Plenarsaal in Berlin namentlich über das Gesetz zur Tarifeinheit ab. Foto: Rainer Jensen

Die Abgeordneten des Bundestages stimmten am Freitag im Plenarsaal in Berlin namentlich über das Gesetz zur Tarifeinheit ab. Foto: Rainer Jensen

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Im Wirtschaftsflügel wird für weitere Einschränkungen geworben, der Arbeitnehmerflügel warnt davor. Für den Koalitionspartner SPD wies der stellvertretende Vorsitzende und Parteilinke Ralf Stegner Kritik am beschlossenen Gesetz zurück: Es gehe nicht darum, das Streikrecht einzuschränken.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte der "Passauer Neuen Presse" mit Blick etwa auf den Ausstand der Lokführer: "Wir haben die Tarifautonomie ein Stück weit gestärkt. Aber das Gesetz wird harte Tarifkonflikte, wie wir sie in den letzten Wochen erlebt haben, nicht verhindern."

Fuchs kündigte Gespräche mit der SPD über weitere Schritte an. So sei es zwingend notwendig, dass für strategisch wichtige Unternehmen wie die Deutsche Bahn eine 48-Stunden-Ankündigungsfrist für Streiks eingeführt werde. Notwendig sei auch ein gesetzlich vorgeschriebener Schlichtungsversuch nach der zweiten Streikrunde. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Tarifauseinandersetzungen zu schweren Schäden für den Standort Deutschland führen."

Der stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, warnte indes vor einer Gefährdung des sozialen Friedens. "Wer ständig nach der Einschränkung des Streikrechts ruft, beeinträchtigt die Tarifautonomie", sagte er dem "Handelsblatt". "Ohne die Möglichkeit, effektiv zu streiken, verkommen Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmerseite zur kollektiven Bettelei."

Die auch von Unionspolitikern wie Fuchs geforderte gesetzliche Zwangsschlichtung hält Bäumler für verfassungswidrig. "Schon das vom Bundestag beschlossene Tarifeinheitsgesetz greift indirekt in das Streikrecht ein. Weitere Einschränkungen verletzten die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie."

Das Gesetz hatte am Freitag die letzte Hürde im Bundestag genommen. Damit soll die Macht kleiner Spartengewerkschaften eingedämmt werden. Wenn zwei Gewerkschaften in einem Betrieb dieselben Arbeitnehmergruppen vertreten, gilt künftig nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern in dem Betrieb. SPD-Vize Stegner sagte am Samstag im Deutschlandfunk, die Koalition wolle erreichen, dass sich Gewerkschaften nicht zerstritten, weil dies am Ende nicht den Arbeitnehmern nütze, sondern den Unternehmen.

Die kleinen Gewerkschaften wollen gegen das Tarifeinheitsgesetz schnell vorgehen. "Wir werden Klage beim Verfassungsgericht einreichen, sobald die Tarifeinheit im Gesetzblatt steht", sagte der Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke, der "Rheinischen Post".

Der Beamtenbund kündigte für Juli eine Klage an. "Ich rechne fest damit, dass eine Vielzahl an Klageschriften beim Verfassungsgericht eingehen wird", sagte sein Chef Klaus Dauderstädt. Man werde sich mit anderen Gewerkschaften wie Marburger Bund oder Vereinigung Cockpit abstimmen: "Am Ende wird es aber getrennte Klagen geben." Henke sagte im Sender WDR 5, zunächst gelte es abzuwarten, wie sich der Bundesrat und Bundespräsident Joachim Gauck, der das Gesetz auf Verfassungskonformität prüft, verhielten.

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