Geier als Ursache? Feuer zerstört 2100 Häuser in Valparaíso

Valparaíso · Zwei Truthahngeier könnten die tödliche Feuerwalze in der chilenischen Weltkulturerbe-Stadt Valparaíso ausgelöst haben. Brandermittler gingen dieser Vermutung am Montag nach.

 Bei dem Großbrand sind mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. Foto: Ariel Marinkovic

Bei dem Großbrand sind mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. Foto: Ariel Marinkovic

Foto: DPA

Das Feuer wütete unterdessen weiter. Starker Wind habe die Flammen an mehreren Stellen wieder angefacht, sagte Innenminister Rodrigo Peñailillo. Bei dem Inferno starben seit Samstag mindestens zwölf Menschen. Rund 2100 Häuser auf den Hügeln der Metropole brannten bis auf die Grundmauern nieder, wie der Gouverneur der Region, Ricardo Bravo, am Montag mitteilte. Etwa 8000 Menschen wurden obdachlos.

Als mögliche Auslöser des Infernos wurden zwei Truthahngeier genannt, die sich auf eine Hochspannungsleitung gesetzt haben sollen. Im Wind hätten zwei Kabel sich berührt, die Geier seien dabei verbrannt. Die entstandenen Funken hätten die trockenen Blätter am Boden entzündet, berichtete das Nachrichtenportal Emol unter Berufung auf Brandermittler. Die Polizei habe die beiden toten Vögel gefunden. Die Staatsanwaltschaft bestätigte der Nachrichtenagentur dpa, dass sie dieser Theorie als möglicher Ursache nachgehe. Minister Peñailillo teilte mit, erste Erkenntnisse schlössen Brandstiftung aus.

Der zum Weltkulturerbe zählende historische Stadtkern Valparaísos - was auf Deutsch so viel bedeutet wie "Paradies-Tal" - blieb nach ersten Erkenntnissen von den Flammen verschont. Die neu entflammten Feuerherde tobten am Südrand der Stadt auf den Hügeln Rocuant, Pajonal und Ramaditas. Dieses Gebiet liegt rund drei Kilometer vom historischen Hafengebiet entfernt.

Die Feuersbrunst erfasste ein Gebiet von 850 Hektar - das ist eine Fläche etwa doppelt so groß wie der Englische Garten in München. "Es ist wahrscheinlich der schlimmste Brand in der Geschichte von Valparaíso", erklärte die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet, die sich dort ein Bild der Katastrophe machte. Sie erklärte für das Gebiet den Notstand und mobilisierte rund 2000 Polizisten und Soldaten, um in der rund 300 000 Einwohner zählenden Stadt für Sicherheit zu sorgen: "Wir wollen Plünderungen vermeiden."

Die Löscharbeiten könnten noch bis zu zwanzig Tage andauern, erklärte der Chef der Waldwirtschaftskommission Conaf, Alfredo Mascareño, dem Sender Radio Cooperativa. Der Brand sei am Samstagnachmittag (Ortszeit) auf einer Müllhalde entstanden, auf der leicht zündbares Material lag.

Auf sechs der 42 teils schwer zugänglichen Hügel der Hafenstadt breitete sich die Feuerwalze rasch aus. "Mein Haus brennt lichterloh. Wir haben nur die Kleidung schnappen können und sind geflohen", sagte der Anwohner Sergio Muñoz der Zeitung "El Mercurio". "Jetzt hoffen wir auf Gottes Hilfe." Medien zufolge sind unter den Toten mehrere ältere Menschen, die ihre Häuser nicht rechtzeitig verlassen konnten.

Im Kampf gegen die Flammen waren etwa 1250 Feuerwehrleute und 20 Löschflugzeuge und Hubschrauber im Einsatz. Sechs weitere Flugzeuge sollten aus Argentinien zur Verstärkung nach Chile fliegen, teilte Außenminister Heraldo Muñoz am Montag mit.

"Das Problem ist, dass es in dem Gebiet keine Brandschutzmauern gibt", sagte Gouverneur Bravo dem Sender Radio Cooperativa. Er sprach von den "perfekten" Voraussetzungen für eine solche Katastrophe: schwer zugängliche Brandherde, ungewöhnliche Trockenheit und starke, sich drehende Winde. "In 30 Dienstjahren habe ich so etwas noch nie erlebt", sagte auch der nach Valparaíso beorderte Feuerwehrchef der Hauptstadt Santiago, Mauricio Repetto.

Valparaíso ist die größte Hafenstadt Chiles und Sitz des Parlaments. Das historische Zentrum der Stadt mit den bunt bemalten Häusern auf den Hügeln zur Bucht wurde 2003 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Auch der Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda (1904-1973) hatte dort ein Haus. Es blieb bislang vom Feuer verschont. Berühmt sind auch die 15 historischen Standseilbahnen, die seit 130 Jahren zu den Hügeln hinauffahren.

Im Februar 2013 waren rund 100 Wohnungen bei einem Feuer in Valparaíso zerstört worden. Der Brandstifter wurde damals gefasst. Erst Anfang April waren im Norden Chiles sieben Menschen bei einem schweren Erdbeben der Stärke 8,2 umgekommen. "Dies ist schlimmer als ein Erdbeben, wir haben alles verloren", berichtete ein verzweifelte Bewohnerin der Zeitung "El Mercurio".

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