Fortschritte bei Ukraine-Kontaktgruppe "Der Frieden rückt näher"

MOSKAU · Es gibt neue Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts. Gestern einigten sich in Minsk die Kontaktgruppe aus Vertretern der Ukraine, Russlands, der Rebellen und der OSZE auf die lang erwartete Bildung von vier Arbeitsgruppen. Diese nahmen sofort ihre Arbeit auf. Sie diskutierten politische Fragen, wie die geplanten Regionalwahlen in den Regionen Lugansk und Donezk.

Außerdem Sicherheitsprobleme, Gefangenaustausch und die ökonomische Entwicklung der vom Krieg stark in Mitleidenschaft gezogenen Region. Ein Teilnehmer sprach von konstruktiven Gesprächen, der Vertreter der Donezker Rebellen Republik Denis Pischulin gar von einem Durchbruch. "Der Frieden rückt näher", zitiert ihn die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Auch der ukrainische Chefunterhändler Leonid Kutschma sprach von "einvernehmlichen Entscheidungen" innerhalb der Arbeitsgruppen. Diese würden sich in den kommenden Wochen regelmäßig wiedertreffen.

Allerdings trauen die Rebellenführer dem Frieden noch nicht recht. Alexander Sachartschenko, Donezker Rebellenführer, warnte gestern vor einer möglichen Provokation der Ukrainer bei den bevorstehenden Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sieges über Hitlerdeutschland.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko seinerseits forderte laut der Agentur Unian, die Separatisten sollten "binnen Stunden" die schwere Artillerie abziehen, die sie entgegen der Minsker Friedensvereinbarungen vom Februar dort in Stellung gebracht hätten.

Tatsächlich dröhnt die Waffenstillstandsfront zwischen prorussischen Rebellen und den ukrainischen Streitkräften seit Tagen wieder auf Kriegslautstärke. Die Ukrainer vermeldeten gestern 42 Feuerüberfälle des Gegners, zum Teil mit schwerer Artillerie. Nach Angaben von Unian kamen fünf ukrainische Soldaten ums Leben, zwölf wurden verletzt. Die Separatisten dagegen gaben insgesamt 66 ukrainische Beschüsse zu Protokoll, die Zahl der Opfer auch unter der Zivilbevölkerung werde noch ermittelt. Beide Seiten werfen einander vor, auch Wohngebiete zu bombardieren, in Donezk soll eine Gaststätte in Brand geraten sein, in der Vornacht traf es eine Schule.

Die Ukrainer werfen den Rebellen und ihren russischen Verbündeten vor, sie konzentrierten in mehreren Frontabschnitten Offensivtruppen und Panzer. Die Gegenseite behauptet, am Wochenende hätten etwa 1500 ukrainische Kämpfer versucht, die Rebellenlinien bei dem umkämpften Dorf Schirokino zu durchbrechen, um Richtung russischer Grenzen vorzustoßen.

Die Nervosität auf beiden Seiten ist weiter groß. "Alle erwarten, dass es wieder losgeht", sagt der Donezker Publizist Dmitri Durnew. "Keiner weiß, wann und wo." Die prorussischen Rebellen in Donezk wollen den "Tag des Sieges" am 9. Mai mit einer Parade feiern. Nicht nur Sachartschenko argwöhnt deshalb, die Ukrainer würden unmittelbar vor oder während des Festtages losschlagen. Die Ukrainer dagegen prophezeien schon, die Separatisten würden ihre eigene Maiparade zusammenschießen, um dann als "Vergeltung" eine Großoffensive zu starten. Der Lugansker Rebellenführer Igor Plotnizki gratulierte gestern Kriegsveteranen mit dem Versprechen, "das Banner des Siegers auf dem neuen Bandera-faschistischen Reichstag zu hissen". Womit er offenbar das ukrainische Parlament in Kiew meint.

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