Bundestag will geschäftsmäßige Sterbehilfe verbieten

Berlin · In Deutschland soll es künftig keine organisierte, gewerbsmäßige Sterbehilfe mehr geben. Das ist die übereinstimmende Absicht aller vier fraktionsübergreifenden Gesetzentwürfe im Bundestag für eine Neuregelung der Sterbehilfe.

 Schriftzug Hospiz am Klinikum Südstadt in Rostock. Foto: Bernd Wüstneck/Illustration

Schriftzug Hospiz am Klinikum Südstadt in Rostock. Foto: Bernd Wüstneck/Illustration

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Sie reichen von einer weitgehenden Freigabe - sofern die Hilfe nicht am Profit ausgerichtet ist - über eine ärztlich assistierte Selbsttötung bis hin zu einem weitreichenden Verbot der Sterbehilfe.

Nach geltender Rechtslage sind Suizid und Beihilfe nicht strafbar, aktive Sterbehilfe ist dagegen verboten. Noch in diesem Jahr will der Bundestag über die Neuregelung entscheiden.

Zuletzt legte eine Gruppe Abgeordneter der großen Koalition ihren Entwurf vor. Sie wollen es Ärzten erlauben, sterbenskranken und extrem leidenden Patienten beim Suizid zu helfen. Die Parlamentarier um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sowie die SPD-Fraktionsvize Carola Reimann und Karl Lauterbach wollen mit ihrem Entwurf für Ärzte und Patienten Rechtssicherheit schaffen.

Denn das ärztliche Standesrechte werde in diesem Punkt in den regionalen Ärztekammern sehr unterschiedlich gehandhabt, argumentieren die Abgeordneten. In Bayern etwa sei der ärztlich assistierte Suizid erlaubt, in Berlin nicht.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) Frank Ulrich Montgomery stellte sich gegen den Vorschlag: "Man soll nicht durch den Arzt sterben, sondern an der Hand des Arztes in den Tod begleitet werden", sagte der Mediziner im ARD-"Morgenmagazin".

Die erste Lesung aller Gruppenanträge ist für den 2. Juli geplant und damit noch vor der Parlaments-Sommerpause. Anfang November will der Bundestag dann einen Beschluss fassen.

Die SPD-Politikerin Reimann sagte, sollte der Entwurf ihrer Gruppe Gesetz werden, würde den Sterbehilfevereinen die geschäftliche Grundlage entzogen und niemand müsste mehr ins Ausland fahren, um Hilfe beim Sterben zu bekommen. Hintze wies darauf hin, dass Hilfe zum Suizid in Deutschland ohnehin schon seit 150 Jahren straffrei sei.

Im Gegensatz zu den anderen Entwürfen will die Gruppe dazu eine Erlaubnisvorschrift im Zivilrecht schaffen und kein Verbotsgesetz im Strafrecht, wie Hintze sagte. Nach Darstellung Lauterbachs - der selbst Arzt ist - stellt sich in etwa 500 Fällen im Jahr die Frage des assistierten Suizids.

Die schärfste strafrechtliche Regelung sieht dagegen eine Gruppe um Patrick Sensburg und Thomas Dörflinger (beide CDU) vor. Sie will mit einem neuen Paragrafen 217 Strafgesetzbuch "Anstiftung und Beihilfe an einer Selbsttötung" verbieten. Nur in extremen Ausnahmefällen von großem Leid solle dies straffrei bleiben.

Eine Gruppe um Renate Künast (Grüne), Petra Sitte (Linke) und Kai Gehring (Grüne) betont die Straffreiheit der Beihilfe zum Suizid. Sie will aber Beihilfe zur Selbsttötung "aus Gründen des eigenen Profits" bestrafen. Sterbehilfevereine sind ausdrücklich erlaubt, sofern sie keinen Profit erzielen wollen.

Eine fraktionsübergreifende Gruppe um Michael Brand (CDU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Linke) und Elisabeth Scharfenberg (Grüne) will die geschäftsmäßige Förderung der Sterbehilfe unter Strafe stellen. Das ziele gegen "Vereine oder einschlägig bekannte Einzelpersonen". Suizidbeihilfe, "die im Einzellfall in einer schwierigen Konfliktsituation gewährt wird", solle ausdrücklich nicht kriminalisiert werden. Der Entwurf wird derzeit noch als sehr aussichtsreich angesehen.

Einig sind sich alle Abgeordneten-Gruppen darin, dass noch vor einer Neuregelung der Sterbehilfe eine bessere Versorgung von Sterbenden in der Palliativ- und Hospizmedizin nötig ist. Ein entsprechendes Gesetz von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wurde am Mittwoch in erster Lesung im Bundestag behandelt. Gröhe will dazu zusätzlich etwa 200 Millionen Euro in die Hand nehmen. Ambulante wie stationäre Palliativ- und Hospizversorgung zu Hause, in Pflegeeinrichtungen, Hospizen oder Krankenhäusern soll flächendeckend ausgebaut werden.

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