Bundesrat kippt Steuerabkommen mit Schweiz

Berlin · Das seit Monaten umstrittene Steuerabkommen mit der Schweiz ist im Bundesrat gescheitert - die Bundesregierung strebt nun als letzte Lösung ein Vermittlungsverfahren an. Auch die Schweizer Regierung setzt auf eine nachträgliche Einigung von Bundestag und Bundesrat.

 Die Schweizer Flagge weht auf dem Dach der Schweizer Botschaft in der Nähe des Bundestages. Foto: Rainer Jensen

Die Schweizer Flagge weht auf dem Dach der Schweizer Botschaft in der Nähe des Bundestages. Foto: Rainer Jensen

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Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Freitag in Berlin, er wolle im Vermittlungsausschuss ausloten, ob doch noch SPD- und Grünen-geführte Länder umzustimmen seien. Darüber werde das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch entscheiden. Allerdings haben SPD und Grüne bereits abgewunken.

Nach dem Abkommen sollte auf das bei Schweizer Banken liegende Schwarzgeld deutscher Steuerhinterzieher einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent an den deutschen Fiskus überwiesen werden - anonym und rückwirkend für zehn Jahre. Künftige Erträge sollten ab 2013 genauso besteuert werden wie in Deutschland. Die Opposition hatte ihre Ablehnung damit begründet, dass Steuersünder zu gut wegkämen.

In der Schweiz bedauerten Regierung und Wirtschaftsverbände das Scheitern im Bundesrat am rot-grünen Widerstand. Die Finanzministerin und turnusmäßig amtierende Regierungschefin Eveline Widmer-Schlumpf äußerte die Hoffnung, dass es doch noch eine Kompromisslösung im Vermittlungsschuss gibt. Widmer-Schlumpf, die das Abkommen mit Schäuble ausgehandelt hatte, erklärte, die Schweiz sei "nach wie vor bereit, mit Deutschland den Ratifizierungsprozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen". Schäuble sagte: "Jetzt müssen wir hoffen, dass die Einsicht noch siegt."

Am Vormittag war das Gesetz im Bundesrat durchgefallen. In der Schweiz hat das Abkommen dagegen bereits alle parlamentarischen Hürden genommen. Nachverhandlungen lehnt Bern bisher ab. Es scheint daher zweifelhaft, ob die bilateral bereits vereinbarten Regelungen im Vermittlungsausschuss noch entscheidend verändert werden können. Der Bundesregierung dürfte aber auch daran gelegen sein, der Schweizer Seite zu vermitteln, dass sie alle Anstrengungen unternommen hat, das Abkommen durchzusetzen.

In der schwarz-gelben Koalition wurde in den vergangenen Tagen darüber nachgedacht, Ländern und Kommunen das aus dem Abkommen erwartete Geld vorerst vollständig zu überlassen, um so möglicherweise doch noch SPD- und Grünen-regierte Länder umstimmen. Nach Koalitionsschätzungen sollen allein 2013 bis zu zehn Milliarden Euro in die Kassen der deutschen Haushalte fließen. SPD und Grüne bezweifeln diese Schätzungen und hatten schon signalisiert, sich von solchen Angeboten nicht ködern zu lassen.

Schäuble machte deutlich, dass derartige Offerten nicht von ihm gekommen seien. Er fügte hinzu: "Ich wüsste auch ehrlich gesagt nicht, was wir jetzt von der Schweiz noch verlangen wollen. Die Schweiz kann nicht rückwirkend ihr Bankgeheimnis außer Kraft setzen, also können wir lediglich zwischen Bund und Ländern noch einmal Argumente austauschen und miteinander reden."

Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) sieht keine Chance, im Vermittlungsausschuss noch eine Einigung zu erzielen. "Steuergerechtigkeit ist von so grundsätzlicher Bedeutung, dass es nicht vermittlungsausschusstauglich ist", sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart.

SPD- und Grünen-geführte Länder lehnen vor allem die Regel für Alt-Schwarzgeld ab. Sie signalisierten aber in der Bundesratsdebatte Bereitschaft, frühzeitig die Weichen für einen neuen Anlauf stellen zu wollen. Dies hatte auch Schäuble aufmerksam registriert. Die SPD kritisiert, dass nach der Regelung der Bundesregierung Steuerhinterzieher bis zum 1. Januar 2013 Zeit bekommen, ihr Schwarzgeld aus der Schweiz zu bringen. Zu Jahresbeginn sollte das Abkommen in Kraft treten.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte, die SPD wolle eine Regelung, die Steuerschlupflöcher tatsächlich schließe, am besten wolle man eine europaweite Regelung. Er verwies zudem auf wesentlich schärfere Verjährungsregeln in den USA. "Wir reichen nicht die Hand dazu, dass sich die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wie Trottel vorkommen", sagte er. Schäuble erinnerte in der Bundesratssitzung daran, dass das deutsche Steuerrecht eben genau diese zehnjährige Verjährung vorsehe.

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