Flüchtlingsdrama in Österreich Über 50 Leichen in Schlepperfahrzeug entdeckt

Eisenstadt · In einem an einer österreichischen Autobahn abgestellten Lastwagen mit ungarischen Nummernschildern sind mindestens 20 tote und teilweise verweste Flüchtlinge entdeckt worden.

Immer wieder rollen überfüllte Schlepperfahrzeuge mit Flüchtlingen auf österreichischen Straßen Richtung Norden. Jetzt haben bei einer solchen Fahrt Dutzende Menschen ihr Leben verloren.

In einem Kühlfahrzeug entdeckten Beamte am Donnerstag "mindestens 20 oder auch 40 bis 50 Tote", wie der Polizeidirektor des Burgenlandes, Hans Peter Doskozil, bei einer Pressekonferenz in Eisenstadt sagte. Die Bergung der Toten sei noch nicht abgeschlossen, die Fahndung nach den verschwundenen Schleppern laufe auf Hochtouren.

Der Lkw war in einer Pannenbucht im Autobahnabschnitt bei Parndorf (Bezirk Neusiedl am See) abgestellt. Aus dem Laderaum quoll laut Doskozil Verwesungsflüssigkeit. Der Wagen sei wahrscheinlich am Mittwoch dort abgestellt worden. Die Flüchtlinge könnten aber schon früher gestorben sein. Mitarbeiter des Autobahn-Streckendienstes Asfinag hätten den abgestellten Laster entdeckt.

Ob die Menschen beim Transport erstickt sind, wie in verschiedenen österreichischen Medien vermutet wurde, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. Für die weiteren Ermittlungen wurde ein Krisenstab eingerichtet.

Leichen teilweise im Verwesungszustand

"Diese Tragödie macht uns alle betroffen", betonte Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). "Schlepper sind Kriminelle. Und wer jetzt noch immer meint, dass es sanftmütige Fluchthelfer sind, dem ist nicht zu helfen".

Das Drama müsse ein "Signal an die europäische Ebene" sein, fordert die Ministerin. Es müssten an den EU-Grenzen endlich Außenstellen geschaffen werden, in denen Flüchtlinge sofort Schutz bekommen. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) sagte, die organisierte Schlepperei müsse europaweit konsequent bekämpft werden.

Der Polizeichef vom Burgenland, Hans Peter Doskozil, sagte, der Zustand der Leichen mache es schwer festzustellen, wie viele Menschen in dem Fahrzeug gewesen seien. Aber er schätze, es könnten bis zu 50 gewesen sein.

Der Lastwagen sei am Seitenstreifen einer von der ungarischen Grenze führenden Autobahn entdeckt worden, rund 40 Kilometer südöstlich von Wien. Doskozil sagte, der Lastwagen sei offenbar am Mittwoch zurückgelassen worden. Seine hintere Tür sei offen gewesen, so dass die Polizei die Leichen habe sehen können.

Die Polizei forderte Journalisten auf, vom Fahrzeug, einem weißen Tiefkühllastwagen mit aufgedruckten Bildern von Nahrungsmitteln, Abstand zu halten.

Merkel zeigt sich zutiefst erschüttert

Kurz bevor die Nachricht bekannt wurde, hatte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann noch zu einem verstärkten Kampf gegen Schlepper aufgerufen. Einigkeit herrschte bei dem Treffen, dass die aktuelle Flüchtlingskrise nur mit einer gemeinsamen Strategie der EU bewältigt werden kann.

Nach dem grausigen Fund in dem Lastwagen zeigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zutiefst erschüttert.

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