Cascada-Sängerin Natalie: "Bonn ist einfach mein Zuhause"

Die Bonner Sängerin Natalie Horler (27) stürmt mit ihrem Dance-Trio Cascada in England, Amerika und Deutschland die Charts

Bonn. Eine Bonnerin verdrängt Michael Jackson vom ersten Platz der britischen Charts! Ist denn schon 1. April? Nein, die Nachricht entspricht den Tatsachen. Michael Jackson starb am 25. Juni, viele seiner legendären Hits stürmten daraufhin erneut die Hitparaden der Welt. So stand etwa der Titel „Man In The Mirror“ in England noch im Juli auf Platz eins.

Doch dann geriet die Position ins Wanken. Ein Album mit dem Titel „Evacuate The Dancefloor“ stieg auf Platz acht ein, der Titelsong machte an Boden gut und stürmte den Spitzenplatz. Die Band Cascada ist populär im Königreich, bekannter jedenfalls als im Heimatland.

Das Trio stammt – aus Bonn. Die Formation wurde 2002 in Bonn gegründet. Mitglieder sind die Produzenten Manuel Reuter und Yann Peifer sowie Sängerin Natalie Horler. Bevorzugtes Genre ist elektronische Tanzmusik – Dance-Pop. Bereits mit dem Album „Everytime We Touch“ feierte Cascada beachtliche Erfolge, vor allem in Großbritannien. Dort verkaufte das Album mehr als 900 000 Exemplare. Weltweit waren es vier Millionen, hinzu kam ein World Music Award.

Zurzeit überschlagen sich die Ereignisse. Radio- und TV-Sender stehen Schlange. In dieser Woche hält sich das Trio für einige Konzerte in den USA und Kanada auf. Am kommenden Wochenende spielt Cascada beim TV-Festival The Dome in Köln und beim Rheinland-Pfalz Open-Air in Mainz. Es folgt eine Tournee in Großbritannien. Mit Sängerin Natalie Horler sprach Heinz Dietl.

General-Anzeiger: Natalie, hast du ein schlechtes Gewissen?

Natalie Horler: Warum, wegen Michael?

GA: Ja. Wie fühlt man sich, wenn man Michael Jackson vom ersten Platz der englischen Single-Charts verdrängt hat?

Natalie: Es war in der Tat ein komisches Gefühl, weil ich halt auch ein Fan von Michael Jackson bin. Er hatte in der Woche nach seinem Tod „Man In The Mirror“ auf Platz eins. Wir kamen mit „Evacuate The Dancefloor“, der Abstand verkleinerte sich täglich – von 8 000 auf nur noch 148 Exemplare. Und auf einmal lagen wir vorne. Die Freude war groß.

GA: Wie entsteht ein solcher Hit?

Natalie: Im Team. Wir sind ein Trio mit drei gleichberechtigten Mitgliedern. Yann und Manuel komponieren und produzieren die Stücke, ich bin für den Gesang zuständig.

GA: Cascada arbeitet dabei mit allen modernen produktionstechnischen Tricks. Auf „Evacuate“ wird die Stimme mit kleinen Soundeffekten bearbeitet, nach dem Refrain steigen mehrere Rapper in unterschiedlichen Stimmfarben ein. Ist das der Puls der Zeit?

Natalie: Auf jeden Fall. Man muss immer versuchen, etwas Neues zu probieren, zu experimentieren. Das machen auch die DJs von heute so.

GA: In den Medien wird Natalie Horler mit Madonna und Britney Spears verglichen. Welcher Vergleich gefällt dir besser?

Natalie: Das sind nur Schlagzeilen. Ich stehe für mich, ich vergleiche mich mit keinem. Andererseits sind solche Vergleiche auch ein Kompliment. Britney ist eine tolle Entertainerin, Madonna eine Ikone – und eigentlich unvergleichbar. An Madonna heranzukommen, wäre ein Traum, der vielleicht irgendwann wahr wird, aber man glaubt im Moment noch nicht wirklich daran.

GA: Ist eine Karriere, wie Britney Spears sie bislang erlebt hat, überhaupt erstrebenswert?

Natalie: Sie hatte Probleme mit ihrem Privatleben, klar. Sie ist seit ihrer Kindheit in diesem Business, das hat Spuren hinterlassen. Aber ich denke, sie ist auf dem richtigen Weg, weil sie jetzt gute Leute in ihrem Umfeld hat.

GA: Cascada spielte in der letzten Juli-Woche in Berlin vor 14 000 Fans im Vorprogramm von Britney Spears. Wie war das?

Natalie: Wir haben als Vorgruppe das Publikum für sie aufgewärmt, das war auf jeden Fall cool. Ich denke, wir haben einen guten Job gemacht.

GA: Es passiert zurzeit sehr viel mit Cascada. Wie sieht ein aktueller Arbeitstag aus?

Natalie: Ich weiß selten, was genau am nächsten Tag passiert. Auf unser Terminliste steht beispielweise „Ein Tag Interviews“. Das regelt alles mein Manager Frank Ehrlich.

GA: In dieser Woche fliegt Cascada in die USA. Was steht an?

Natalie: Konzerte in Chicago, dann ein Abstecher nach Toronto in Kanada, danach ein Auftritt beim Beatstock-Festival in New York zusammen mit anderen Künstlern.

GA: Wer steht in New York noch auf der Bühne?

Natalie: Die Backstreet Boys.

GA: Und wie reagiert amerikanisches Publikum auf Cascada?

Natalie: Toll. Wir sind dort recht bekannt, die Kids singen bei unseren Auftritten jedes Wort mit. Aber das ist in Europa bei uns nicht anders.

GA: Und wie erklärt sich der riesige Erfolg in England?

Natalie: Durch die Platzierungen in den britischen Charts sind wir in den Medien sehr präsent, aber das nimmt mittlerweile auch in Deutschland stark zu. Wir gehen in England regelmäßig auf Tour, füllen auch die großen Hallen. In Deutschland bestreiten wir eher Clubshows.

GA: Im Gegensatz zu den ersten beiden Alben stammen die Stücke des neuen Werks aus eigener Feder. Ein Kurswechsel?

Natalie: Wir hatten einfach mehr Zeit für dieses Album. Zeit, um kreativ zu arbeiten. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis, zumal auch der Hit ein eigenes Stück ist.

GA: Das Cascada-Album „Everytime We Touch“ aus dem Jahr 2006/2007 wurde weltweit vier Millionen Mal verkauft. Kann das getoppt werden?

Natalie: Die ersten Reaktionen sind jedenfalls sehr gut. Ich bin mal gespannt.

GA: Du lebst nach wie vor in Bonn. Keine Pläne, nach England oder Los Angeles umzuziehen?

Natalie: Nein, auf gar keinen Fall. Meine Eltern, die aus England stammen, wohnen in Bonn. Das heißt: Sie pendeln zwischen Bonn und England. Meine Geschwister leben hier. Ich fühle mich in Bonn sehr wohl. Ich reise jede Woche in ein anderes Land, deshalb ist Bonn einfach mein Zuhause.

GA: Gibt es Lieblingsplätze in Bonn?

Natalie: Ich gehe sehr gerne in die Innenstadt. Und es gefällt mir, so nah am Rhein zu wohnen. Es gibt schöne Ecken in der Stadt – zum Beispiel der Biergarten am Alten Zoll. Oder die Rheinaue.

GA: Bleibt noch Zeit für Hobbys?

Natalie: Das ist im Moment sehr schwierig. Shoppen vielleicht, aber ich weiß nicht, ob man das als Hobby bezeichnen kann. Ich bin früher ein paar Sportarten nachgegangen – Rudern und Boxen. Aber dazu fehlt die Zeit. Einige Dinge tue ich nach wie vor: Ich gehe unheimlich gerne tanzen, treffe mich mit Freunden, wenn ich hier bin.

GA: Dein Vater Dave Horler ist Jazz-Posaunist in der WDR Big Band Köln. Hat er dich musikalisch beeinflusst?

Natalie: Schon. Schließlich bin ich dadurch mit Musik aufgewachsen. Ich hatte auch immer ein offenes Ohr für Jazz. Meinen Gesangsstil hat er nicht beeinfl usst, das musste ich mir schon selber beibringen.

GA: Gibt es Ambitionen in Richtung Jazz?

Natalie: Im Moment noch nicht. Ich habe mit meinem Vater oft Musik gemacht, das werden wir auch weiterhin tun – auf dem privaten Level. Zurzeit konzentriere ich mich aber auf Cascada.

GA: Bleibt bei all den vielen Terminen noch Zeit für ein Privatleben mit Partner?

Natalie: Im Moment wäre das schwierig. Aber ich bin sowieso nicht in einer Partnerschaft, dementsprechend steht das nicht zur Debatte. Es macht den Job einfacher, wenn man alleine ist und auf keinen achten muss. Und wenn es sich ergeben sollte, würde man auch eine Lösung finden.

Zur PersonGeboren am 23. September 1981 in Bonn als Tochter einer englischen Familie. Vater Dave Horler ist Jazz-Posaunist in London. 1980 wird er Mitglied der WDR Big Band Köln und zieht mit der Familie nach Bonn. Natalie besucht die Liebfrauenschule in Bonn. Sie nimmt Gesangsunterricht und absolviert eine Tanzausbildung mit den Schwerpunkten Jazzdance,

HipHop und Stepptanz. Mit 17 nimmt sie erste Stücke mit DJs auf.

2002 gründet sie mit dem Bonner Manuel Reuter (DJ Manian) und dem Kölner Yann Peifer (Yanou) in Bonn das Dance-Pop-Trio Cascade, das später in Cascada umbenannt wird. 2006 und 2007 erscheinen gleich vier Versionen des Debütalbums „Everytime We Touch“. Der Titelsong stammt im Original von Maggie Reilly. Das Album verkauft sich international rund vier Millionen Mal. 2006 erhält das Trio für „Everytime We Touch“ einen World Music Award. Dezember 2007 erscheint das zweite Album „Perfect Day“ (Platz 9 in England). Das Album „Evacuate The Dancefloor“ wird am 6. Juli 2009 veröffentlicht, die gleichnamige Single stürmt Platz 1 der britischen Charts. Natalie Horler lebt mit ihrer Familie in Bonn.

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