Zum Anschlag in Paris - Kampf der Kulturen

Nichts, gar nichts kann auch nur im Ansatz als Rechtfertigung für die barbarischen Morde von Paris herhalten. Das ist die erste und wichtigste Reaktion auf das Attentat. Und in dieser Reaktion sind sich alle einig - bis hin zu den Vertretern des Islam.

Deren Sprecher in aller Welt, die Arabische Liga, die Al-Ashar-Universität als wichtigste Autorität des sunnitischen Islam und das saudische Königshaus sind sich darin mit den Führern der westlichen Welt einig. Terror bleibt Terror, kriminelles Morden bleibt kriminelles Morden, egal wie politisch oder religiös motiviert die Täter sein mögen.

Das galt nach den Taten der "Rote Armee Fraktion" in Deutschland, nach den Anschlägen des 11. September und nach all den Attentaten in Europa. Denn auch das gehört zur Wahrheit an diesem Tag: Gerade in Frankreich gibt es seit fast 40 Jahren immer wieder Terrorakte, die im weitesten Sinne einen islamischen Hintergrund haben. Und dennoch verläuft das tägliche Leben mit dem Islam in Frankreich meist gut. Viele der in Frankreich lebenden Muslime sprechen gut französisch, haben einen algerischen Ursprung und sind integriert.

Aber Zielscheibe des extremistischen islamischen Terrors ist ja nicht nur Frankreich. Der britische Schriftsteller Salman Rushdie wurde nach Veröffentlichung seiner "Satanischen Verse" 1989 vom iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini zum Tode verurteilt. In Dänemark führte die Veröffentlichung von Mohammed -Karikaturen zu Mordplänen gegen den Karikaturisten. Er lebt seitdem unter Polizeischutz wie sein Kollege, der Chefredakteur des Pariser Satiremagazins "Charlie Hebdo". Den Mord in Paris konnte das nicht verhindern.

Wenn der Gebrauch von Meinungsfreiheit mit dem Tod geahndet wird, wenn auf satirische Provokationen mit tödlicher Gewalt und nicht mit intellektueller Argumentation geantwortet wird, ist die Freiheit des Westens in Lebensgefahr. Das gilt selbstverständlich auch für alle Fälle, in denen Karikaturisten übertrieben haben, in denen sie bewusst religiöse Gefühle verletzt haben. Kritik, so verletzend sie sein mag, darf nie in Hass, Hass nie in tödliche Gewalt umschlagen.

Das ist jetzt in Paris passiert. Und es wird wieder passieren. Denn auch das ist leider klar: Alle Reaktionen der vergangenen Jahre, insbesondere die auf die Anschläge in New York haben die erhoffte Wirkung nicht gehabt. Nicht im Irak, nicht in Afghanistan- und eben auch nicht in Europa. So perfektioniert die Sicherheitssysteme auch wurden, sie sind durchlässig geblieben. Gegen Terror gibt es in einer freien Welt keinen garantierten Schutz - allen verständlichen, Beruhigung versprechenden Aussagen der Politik zum Trotz.

Das Attentat stellt nicht nur wegen des neuen Grades von Brutalität eine Zäsur dar. Denn jetzt droht doch wahr zu werden, was Samuel Huntington schon vor zwanzig Jahren prophezeit hat: der Kampf der Kulturen. Die Folge von Paris wird eine harte Debatte über die Rolle und den Kern des Islam sein, über seine Rückwärtsgewandtheit und seinen Allmachtsanspruch. Es wird viel, viel Differenzierungskunst bedürfen, um diese Debatte durchzuhalten.

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