Kommentar Volksbefragungen - Eine neue Debatte
Berlin · Die Sache macht zumindest auf den ersten Blick stutzig. Die Eurogruppe sieht gegenüber Griechenland einen vollständigen Vertrauensverlust und führt als Grund auch immer wieder die Ankündigung der Regierung in Athen an, das Volk in einem Referendum über die Annahme des auferlegten Sparkurses entscheiden zu lassen.
Nun gibt es vermutlich ein Dutzend Gründe, der Tsipras-Truppe am Verhandlungstisch mit Misstrauen zu begegnen. Aber es ist nicht ungefährlich, einer Regierung vorzuwerfen, das eigene Volk zu fragen. Zumal das von der Eurogruppe geforderte Programm sicher nicht dem Mandat entspricht, das Ministerpräsident Tsipras bei seiner Wahl von den Griechen erhalten hatte. Die Athener Regierung hat es zu leicht, daraus ein zusätzliches anti-europäisches Argument zu schmieden.
Recht hat Athen zwar auch damit nicht. Aber Europa wird womöglich nicht um eine Debatte darüber herumkommen, ob Referenden und Volksbefragungen ein geeignetes Mittel sind, über den künftigen Weg Europas zu entscheiden.
Es liegt auf der Hand, dass nun der Ruf auch in anderen Ländern stark wird, es den Griechen gleich zu tun. Wenn der Sparkurs vom griechischen Volk abgelehnt wird, dann wird auch schnell in Spanien der Ruf laut werden, über die Fortsetzung der Austeritätspolitik per Plebiszit zu entscheiden. In Großbritannien wird ohnehin 2016 das Volk über einen Verbleib in der EU abstimmen.
Referenden könnten dann überall in der Europäischen Union groß in Mode kommen.