Kommentar Terror in Thailand - Hilflose Generäle

Bangkok · Am Tag nach dem brutalen Bombenanschlag in der Metropole Bangkok schien sich die Hauptstadt Thailands in eine Szene jenes Films "Die Tribute von Panem" zu verwandeln, den die herrschenden Generäle so inbrünstig hassen.

Wie aus einem Drehbuch der Panikmache tauchte gestern unerwartet ein Attentäter aus dem chaotischen Getriebe der Millionenmetropole auf und warf eine Rohrbombe auf das Saphan Thaksin Pier am Chao Praya Fluss, an dem sich Touristen und Thailänder in Boote einschiffen.

Junta-Chef Prayuth Chan-ocha hatte kurz nach seinem Putsch den trotzig erhobenen Dreifinger-Gruß des Widerstands aus dem Hollywood-Streifen unter Strafe gestellt. Jetzt ist der starke Mann im Königreich überzeugt, dass die Attentäter zu der starrsinnigen Gruppe von Leuten zählen, die sich nicht seiner Knute beugen wollen.

Es würde dem General und seinen Helfern ins politische Kalkül passen, wenn sie ihren Gegnern im Umfeld der gewählten und gestürzten Premierministerin Yingluck Shinawatra und ihres im Exil lebenden Bruders Thaksin die Verantwortung in die Schuhe schieben könnten. Denn etwas mehr als ein Jahr nach dem Putsch haben die Generäle außer den eigenen Leuten nur noch ein paar unverbesserliche Vertreter der Elite Bangkoks auf ihrer Seite.

In den Provinzen um Bangkok, in denen Prayuth im vergangenen Jahr noch Sympathien genoss, ist längst Ernüchterung eingekehrt. Weniger Jobs, kein Geld und düstere Aussichten lautet der Tenor - gemeinsam mit der Aufforderung an die Generäle, endlich wieder in ihre Kasernen zu verschwinden. Aber das Regime schüchtert jeden Thailänder rücksichtslos ein, der solche Dinge zu sagen wagt. Zur Not erfindet die Junta Vorwürfe wie Majestätsbeleidigung und lässt die Angeklagten von geheim tagenden Militärgerichten zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilen.

Die Anschläge geben den Generälen neue Munition für ihre falsche Behauptung, dass Thailand die Militärherrschaft brauche. Wer immer hinter dem Anschlag steckt: Die Junta, die jedem Studenten hinterherspioniert, war völlig ahnungslos. Der vermeintlich starke Mann Prayuth entpuppt sich plötzlich als nervöser, einer Krise kaum gewachsener General.

Die Unsicherheit und Unklarheit über die Täter wirkt wie immer fast so unerträglich wie die brutalen Terrorattacken selbst. Solange Bangkok nicht weiß, vor wem es sich schützen muss, weiß die Metropole natürlich auch nicht, wie sie sich schützen soll. Die Ruhe und Stabilität, die Thailands Militärjunta versprach, ist dahin. Stattdessen herrscht nicht nur die Furcht vor neuen Anschlägen. Viel schwerwiegender wiegt das aufkeimende Misstrauen gegenüber der Junta. Denn Anhänger wie Gegner der Militärs wissen längst, dass die Generäle sich die Wahrheit nach Gutdünken zurechtbiegen.

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