Kommentar Streiks in Kitas und bei der Bahn - Eskalationskurs

Hut ab, Herr Bsirske! Während Oberlokführer Claus Weselsky wegen seiner Streikserie Hass und Häme auf sich zieht, erntet sein ähnlich sturer Verdi-Kollege Frank Bsirske mit dem Arbeitskampf an Kindertagesstätten Sympathie - jedenfalls zur Zeit noch.

Dabei sind die Forderungen von Verdi & Co. kaum näher an der Realität als die der Lokführergewerkschaft GDL. Gern stellen die Verdi-Leute die Gehälter der Hilfskräfte (Kinderpflegerinnen) in den Vordergrund, um damit Aufschläge von bis zu 17 Prozent auch für besser bezahlte Mitarbeiter durchzusetzen. Erzieherinnen etwa sollen künftig so viel verdienen wie bisher Kita-Leiterinnen (über 40 Plätze: bis zu 3973 Euro). Das ist mehr, als Lokführer mit allen Zulagen erhalten.

Dass Verdi es dennoch in der Öffentlichkeit - auch bei den vom Streik betroffenen Eltern - so viel leichter hat, hat zwei Gründe: Erstens können Lokführer kaum mit ihren Fahrgästen reden, während Erzieherinnen die Eltern ausführlich über ihre Streikmotive zu unterrichten pflegen. Zweitens hat Verdi bisher nur klug dosierte Warnstreiks ausgerufen.

Das ändert sich jetzt. Kitas teilweise wochenlang lahmlegen und dabei Maximalforderungen stellen: Das ist das Modell Weselsky. Sicher sollten sich die Kommunen bei der unfair niedrigen Bezahlung der Kinderpflegerinnen bewegen. Aber damit ist der Bereich des Machbaren auch schon umrissen. Er ist deutlich kleiner als von Verdi unterstellt. Bsirskes Eskalationskurs weckt bei den eigenen Mitgliedern falsche Erwartungen. Das dürfte mit einer Riesenenttäuschung enden.

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