Kommentar Nachtflugverbot in Frankfurt - Ausgeschlafen

Die Anwohner des Frankfurter Flughafens haben ein Recht auf Nachtruhe. Nichts anderes hat das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch mit dem Nachtflugverbot endgültig entschieden.

Die Richter räumen dem Schutz der Gesundheit vieler tausend Menschen eine höhere Priorität ein als den wirtschaftlichen Interessen der Fluggesellschaften. Der gesunde Menschenverstand sagt einem eigentlich schon, dass dieses Urteil nicht ganz falsch sein kann.

Dass die Fluggesellschaften und Wirtschaftsverbände damit nicht zufrieden sind, ist verständlich. Wenn die Lufthansa von einem "schweren Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland" spricht, werden die nächtlich durchschnittlich 17 Flüge, die zur Debatte standen und von den Richtern verboten wurden, aber vielleicht doch überbewertet.

Die Unternehmen befürchten - und die Fluglärmgegner hoffen -, dass das Urteil Signalwirkung auch für andere Flughäfen in Deutschland hat, nicht zuletzt für Köln/Bonn. Tatsächlich birgt die Begründung der Leipziger Richter mindestens in einem Punkt juristischen Sprengstoff. Denn das Bundesverwaltungsgericht befand nicht nur, dass die vorgesehene Nachtflugregelung in Frankfurt den Bürgern zu wenig Schutz vor Lärm biete. Sie sei vielmehr schon allein deswegen hinfällig, weil die Betroffenen zur geänderten Regelung nicht angehört worden seien.

Wie war das eigentlich damals, als vor Jahrzehnten die Nachtflüge für Köln/Bonn genehmigt wurden, und wie, als die Landesregierung Anfang 2008 vorzeitig die Nachtfluggenehmigung um 15 Jahre bis zum Jahr 2030 verlängerte? Welche Betroffenen wurden da gehört? Eher wenige bis niemand. 2008 argumentierte das Landesverkehrsministerium, die Regelung werde schließlich nur verlängert, nicht geändert.

Doch selbst wenn diese Sichtweise heute nicht mehr gerichtsfest wäre, so ohne weiteres wäre das Urteil zum Frankfurter Flughafen selbst dann nicht zu übertragen. Denn der Nachtbetrieb von Flugzeugen ist in Deutschland gesetzlich gar nicht geregelt. Ganz allgemein heißt es im Luftverkehrsgesetz nur: "Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen."

So kommt es, dass Landesbehörden oder Gerichte sich in jedem Einzelfall jeweils festlegen oder entscheiden müssen. Selbst welche Zeit als "Nacht" gilt, ist unterschiedlich definiert. Das trägt allerdings auch der Tatsache Rechnung, dass jeder Flughafen eben seine besondere Lage und seine besonderen Bedingungen hat. Es bleibt also vernünftigerweise kompliziert.

Beim Fluglärm wird es in Köln/Bonn auch künftig zwischen Fluggesellschaften und Anwohnern nur um Kompromisse gehen können. Die großen Logistiker wie UPS und Fedex haben in der Wahner Heide Millionen investiert und bieten vielen Menschen Arbeit. Diese Firmen fordern zu Recht Planungssicherheit. Auf der anderen Seite können die Anwohner aber auch verlangen, dass die Airlines moderne, leisere Frachtmaschinen einsetzen.

Die jetzt vom Flughafen eingeführten "lärmgestaffelten" Landegebühren sind ein Schritt in die richtige Richtung. Und: Müssen Urlaubsflieger auf die Kanaren wirklich mitten in der Nacht starten? Es gibt auch in Köln/Bonn noch Potenzial für einen schonenderen Flugbetrieb, ohne dass gleich der Airport als Wirtschaftsstandort wackelt.

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