Kommentar Konjunktur und Bundeshaushalt - Kassensturz

Zum Jahresanfang gehört der Kassensturz. Das gilt für private sowie für öffentliche Haushalte. Und zumindest im Bund erscheint die Finanzlage 2014 äußerst komfortabel.

Die neue Regierung kann auf satte Steuereinnahmen hoffen: Für das laufende Jahr rechnen Experten mit einem Wirtschaftswachstum von bis zu zwei Prozent, es herrscht in Deutschland nahezu Vollbeschäftigung, und die Bürger geben immer mehr Geld aus. Deutsche Exporteure profitieren vom niedrig bewerteten Euro, der ihre Waren im Ausland preiswerter macht.

Und selbst im vergangenen Jahr mit schwächelnder weltweiter Nachfrage hat die heimische Wirtschaft sich mit 0,4 Prozent Wachstum vergleichsweise solide entwickelt. Die gut gefüllten Kassen werden der großen Koalition den Start erleichtern. Sie bedeuten jedoch auch eine große Verantwortung.

In diesem Jahr wird sich zeigen, ob die neue Regierung sich auf das großzügige Verteilen der angekündigten Wahlgeschenke beschränkt, oder ob sie die seltene Chance einer soliden Haushaltslage nutzt, um langfristig wichtige Weichen zu stellen.

Dazu gehört zum einen der Schuldenabbau. Dass der Bund sich im vergangenen Jahr weniger Geld geliehen hat als ursprünglich geplant und 2015 ganz ohne Kredite auskommen will, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Mit Tilgung allein ist es allerdings nicht getan. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, lange aufgeschobene Investitionen anzuschieben. Vor allem für Infrastruktur und Bildung lohnt es sich, heute Geld auszugeben. Das Rentensystem muss so verändert werden, dass es auch von künftigen Generationen getragen werden kann. Von diesen Investitionen wird Deutschland in den kommenden Jahren profitieren.

Denn auch das steht fest: Der nächste konjunkturelle Abschwung kommt. Bis dahin sollten die wichtigsten Hausaufgaben erledigt sein. Nur dann steigen die Chancen, dass Deutschland wie in den vergangenen Jahren vergleichsweise unbeschadet durch weltweite Wirtschaftskrisen manövrieren kann.

Trotz aller optimistischen Prognosen sind die Gefahren längst nicht gebannt: Zwar haben sich viele ehemalige Euro-Krisenstaaten wie Irland und auch Spanien inzwischen erholt, doch gleichzeitig zeigen sich bei wirtschaftlichen Schwergewichten wie Frankreich neue Risiken. Die weitere Entwicklung in wichtigen Märkten wie den USA und in China bleibt unklar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird gerne für Wirtschaftspolitik nach Vorbild der "schwäbischen Hausfrau" verspottet. Warum eigentlich? Wenn der Kassensturz am Jahresanfang genügend Bares zum Vorschein bringt, wird selbst der sparsamste Schwabe nicht nur Schulden tilgen, sondern auch endlich die Löcher im Hausdach flicken lassen.

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