Kommentar zur Beethovenhalle Im Blindflug

Meinung | Bonn · Nachdem klar ist, dass die Beethovenhalle nicht für das Jubiläumsjahr 2020 zur Verfügung steht, sollte die Stadt sich über die zukünftige Nutzung Gedanken machen, findet GA-Redakteur Andreas Baumann.

Was für eine unerfreuliche Nachricht. Da investiert die klamme Stadt mindestens 80 Millionen Euro in die Beethovenhalle, um den traditionsreichen Festsaal der Bonner auf einen modernen Stand zu bringen, schlägt sich mit massiven Problemen auf der Baustelle herum und muss eine plötzlich aufflammende Debatte um einen möglichen Abriss des Baudenkmals überstehen. Und dann – winken die Karnevalsvereine dankend ab. Weder die Proklamation des Prinzenpaares noch die anderen Karnevalsveranstaltungen werden in die Beethovenhalle zurückkehren.

Die Vereine führen gute Gründe für ihre Entscheidung an. Und es gibt natürlich auch noch viele andere Veranstalter, die die Beethovenhalle bespielen können. Aber mit dem Abschied der Karnevalisten ist ein negativer Impuls gesetzt. Spätestens jetzt müsste das ein intensives Nachdenken darüber anstoßen, wer die aufwendig sanierte Spielstätte denn mit Leben füllen soll. Bis zur Schließung waren viele Tage im großen Saal für Proben des Beethoven Orchesters geblockt. Nach der Sanierung können die Musiker im umgebauten Studio üben, sodass der Saal häufiger an zahlende Nutzer vermietet werden kann.

Die Frage ist nur: Auf welche Veranstaltungen zielt die Hallenvermarktung? Die Konkurrenz ist vielfältig und wird größer – vom städtischen World Conference Center Bonn, das klassisches Konferenzgeschäft bindet, bis zur neuen Musikhalle, die Investoren auf dem früheren Schlachthofgelände planen. Dazu kommen weitere Säle in Bonn und der Region. Jetzt rächt sich, dass die Stadtverwaltung ein eigenes Hallennutzungskonzept seit Jahren verschleppt hat. Erst seit einigen Wochen arbeitet ein externes Fachbüro daran.

Jeder private Investor erstellt zuerst einen Businessplan und entscheidet dann, wie viel Geld er für ein Projekt ausgeben kann. Stadtverwaltung und Rat haben den umgekehrten Weg gewählt. Treiber für die Entscheidung war eben das Beethoven-Jubeljahr 2020, das eine Hauptspielstätte brauchte, nachdem die Festspielhaus-Pläne geplatzt waren. Jetzt ist klar: Die Beethovenhalle wird gar nicht rechtzeitig fertig. Um sie später vernünftig auszulasten, sollte die Stadt schnell auf mögliche Nutzer zugehen. Die Stadtverwaltung erklärt zwar, ein Businessplan sei Aufgabe der städtischen Betreibergesellschaft BonnCC. Doch damit macht sie es sich zu einfach. Die Beethovenhalle ist eben kein normaler Wirtschaftsbetrieb, sondern die Ratsmehrheit hat sie als Teil der kulturellen Daseinsvorsorge definiert.

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