Kommentar Haushaltspolitik in NRW - Watschn für Rot-Grün

Da wirft der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof der rot-grünen Landesregierung zum dritten Mal hintereinander ein Zahlenwerk vor die Füße - und was passiert: Nichts.

Außer, dass Finanzminister Norbert Walter-Borjans erklärt, die Landesregierung werde das Urteil prüfen und die Hinweise bei der künftigen Aufstellung der Landeshaushalte berücksichtigen. Und dann geht man nach dem Motto "War da was?" zur Tagesordnung über. Nein, das kann es nicht gewesen sein.

Zumindest die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass er einen verfassungswidrigen Haushaltsplan vorgelegt hat, hätte dem Finanzminister gut zu Gesicht gestanden. Denn das Gericht hat ihm, wie schon vor zwei Jahren beim Urteil über den Nachtragshaushalt 2010, eine deftige Watschn gegeben, wie die Bayern sagen würden.

Auf der einen Seite ein kräftiges Wirtschaftswachstum und einen Anstieg der Steuereinnahmen anzunehmen und andererseits Gefahren für die wirtschaftliche Stabilität zu sehen, so dass die Kreditobergrenze nicht einzuhalten sei. Diese Begründung leuchtete den Verfassungsrichtern nicht ein. Wie auch? Mit seriöser Finanzpolitik hat all das wenig zu tun, auch wenn beim Verfassungsvollzug die Kreditobergrenze wieder eingehalten wurde.

In dem Zusammenhang muss allerdings auch erwähnt werden, dass der Sozialdemokrat Walter-Borjans 2010 genauso handelte wie sein CDU-Vorgänger Helmut Linssen 2005. Beide hatten mehr Geld für neue Kredite als für Investitionen in die jeweiligen Nachtragsetats eingeplant - und das mit dem Hinweis auf die "desaströsen Schlussbilanzen" der Vorgängerregierungen.

Walter-Borjans mag bei der Aufstellung seiner Haushalte in den vergangenen drei Jahren subjektiv gewiss gute Gründe gehabt haben, warum er die Verfassung nicht eingehalten hat. Zum Beispiel: Mehr Geld für Prävention auszugeben, ist ein politisches Ziel von Rot-Grün. Genauso das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr und auch die weiteren Hilfen für die Kommunen. Also wurde hierfür auch mehr Geld zur Verfügung gestellt.

Zusätzliche Mittel einzuplanen für die Nachwehen der maroden WestLB war aus Walter-Borjans Sicht auch opportun. Dann aber hätte woanders mehr gespart werden müssen. Noch ist nicht absehbar, wie die Landesregierung in ein paar Jahren Haushalte ohne neue Schulden aufstellen will.

Zumal es sicher wieder Zeiten geben wird, in denen die Steuereinnahmen nicht so sprudeln werden wie derzeit. Dass es mit dem Sparen allerdings nicht so einfach werden wird, zeigt in diesen Tagen die Debatte um die Besoldung der Beamten. Einerseits könnte das Land von seinen Beamten einen Sparbeitrag verlangen, andererseits muss ihm daran gelegen sein, dass der Staatsdienst attraktiv bleibt. Ein schwieriges Unterfangen.

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