Kommentar Griechenland und dem Euro - Wetten erlaubt

Brüssel · Im Durchwursteln ist die EU Weltmeister. Niemand wird ihre hundertfach unter Beweis gestellte Fähigkeit unterschätzen, in langwierigen Verhandlungen in letzter Minute einen Kompromiss zusammenzubasteln.

Insofern kann man für die Griechenland-Verhandlungen noch wetten: Irgendwie werden sie es hinbekommen. Doch die Aussichten verdüstern sich mit jedem Tag. Auch wenn die Bundeskanzlerin weiter die Rettung Griechenlands als Mitglied der Eurozone betreibt: Die Alternative, Grexit, wird sichtbar. Und hat ihren einstigen Schrecken verloren.

Das hat damit zu tun, dass der Vorlauf, die Wochen und Monate des Tauziehens mit der neuen Regierung in Athen, die Schuldwahrnehmung verschoben haben. Es wäre im Falle eines Falles nicht der von Syriza ausgerufene Kurswechsel, die Verweigerung einer dringend gebotenen sozialeren Politik durch EU-Partner und Gläubiger, die als Hauptursache des Absturzes erschienen. Sondern schlechtes Handwerk, mangelnde Vertragstreue und diplomatische Naivität der Koalition des Ministerpräsidenten Tsipras. Damit sinken außerhalb Griechenlands die politischen Kosten eines Fehlschlags.

Zwar gilt weiter Angela Merkels düstere Warnung "Scheitert der Euro, scheitert Europa." Aber die gedanklich zugeschaltete Nebenerkenntnis "Wenn Griechenland pleite geht, scheitert der Euro" - die gilt nicht mehr.

Ein schweres Risiko bleibt freilich: Die Unumkehrbarkeit einer Euro-Mitgliedschaft wäre ein für allemal dahin. Welche Konsequenzen Politik und Märkte daraus ziehen würden, ist nicht absehbar.

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