Kommentar Globale Krise ganz lokal

Mancher Stadtplaner reibt sich verwundert die Augen: Seit Wochen flimmern Bilder flüchtender Menschen über die Mattscheiben - in Syrien, dem Irak oder vom Mittelmeer. Ziemlich weit weg also. Und plötzlich stehen sie vor unserer Tür, mit nichts im Gepäck außer Angst und ein paar Habseligkeiten.

Diese Entwicklung ist beinahe zwangsläufig: Wo langfristig Konfliktlösungen ausbleiben, machen sich die Menschen auf den Weg, um Zuflucht zu finden. Globales wird lokal spürbar, auch in Bonn.

Trotz der Krise mit Ansage sind manche NRW-Kommunen überrascht vom Zustrom der Asylbewerber. Vor zehn Jahren sanken ja die Zahlen - klamme Kämmerer ließen die ungenutzten Unterbringungen abreißen. Heute fehlen ihnen die Plätze.

Dass 200 Flüchtlinge Räume in Bad Godesberg unbürokratisch als Zwischenstation nutzen können, ist im Kontrast zu den unwürdigen Dramen in anderen Städten ein echter Glücksfall. Verkraften kann Bonn die Neuankömmlinge bei derzeit 450 vor Ort untergebrachten Asylsuchenden allemal.

Kritiker mögen das anders sehen. Doch Deutschland hat längst bewiesen, wie aufnahmefähig es sein kann, wenn es darauf ankommt: Im Jugoslawienkonflikt in den Neunzigern fand eine halbe Million Geflohene Schutz in hiesigen Kommunen - vier Mal so viele Menschen wie derzeit ankommen. Die humanitäre Notlage der Flüchtlinge, die Traumata und Verluste, die sie durchlebt haben, sind eine Verpflichtung für uns, sie mit Offenheit und Solidarität zu empfangen.

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