Kommentar zur Wahl in Rheinland-Pfalz Glaubwürdig und authentisch

Meinung | Bonn · Wer hätte vor wenigen Wochen gedacht, dass diese Wahl in Rheinland-Pfalz so ausgehen würde?

Um den Jahreswechsel schien doch alles auf eine Wahlsiegerin Julia Klöckner hinauszulaufen. Manches sprach sogar für eine schwarz-gelbe Koalition und damit – 25 Jahre nach der historischen Niederlage der CDU – für den zweiten Machtwechsel überhaupt in der Geschichte des Landes. Und jetzt? Malu Dreyer dürfte auch für die nächsten fünf Jahre Ministerpräsidentin bleiben. Die bisherige rot-grüne Koalition hat zwar im neuen Mainzer Landtag keine Mehrheit. Aber mit der FDP als weiterem Partner könnte Dreyer genauso weiterregieren wie in einem Bündnis mit der CDU.

Zwar hätte auch eine von der CDU geführte Koalition mit FDP und Grünen eine Mehrheit. Doch das würde wohl kaum dem Wählerwillen entsprechen. Schließlich liegt die SPD vor der CDU. Jetzt kommt es auf die Grünen und die FDP an, ob sie an einem Dreierbündnis, das man auch Dreyer-Koalition nennen könnte, interessiert sind.

Beide haben im Wahlkampf ihren Willen deutlich gemacht zu regieren – die Grünen am liebsten mit der SPD, die Liberalen mit der CDU. Beide haben sich aber Hintertürchen für die jeweils andere Konstellation offen gehalten. Sollten die Gespräche hingegen keinen Erfolg bringen, bliebe den Sozialdemokraten immer noch die Möglichkeit, Verhandlungen mit der CDU über eine große Koalition aufzunehmen.

Für die CDU ist dieser Wahlabend ein ganz schwerer gewesen. Nach einem Vierteljahrhundert war man drauf und dran, die SPD wieder als führende Regierungspartei im einstigen Stammland abzulösen. Dass es nicht gelang, hat mit eigenen Fehlern, aber auch der Stärke des Gegners zu tun. Julia Klöckners Gratwanderung, zum einen Angela Merkel in ihrer Flüchtlingspolitik zu unterstützen, zum anderen aber auch eigene Vorschläge mit Grenzzentren und Tageskontingenten zu machen, hat nicht genug Wähler überzeugt.

Dass sie zudem mit dem österreichischen Außenminister und dem bayerischen Ministerpräsidenten zwei scharfe Kritiker von Merkels Positionen in ihren Wahlkampf einband, trug ebenfalls nicht dazu bei, glaubwürdig zu werden. Wem die Flüchtlingspolitik Merkels nicht gefiel, der wählte im Zweifel AfD und nicht Klöckners CDU.

Malu Dreyer hingegen wirkte nicht nur dann authentisch, wenn sie sich in der Flüchtlingspolitik hinter die Bundeskanzlerin stellte. Sie vermittelte im Wahlkampf den Rheinland-Pfälzern das Gefühl, dass es Land und Leuten gut geht und die SPD ein Garant dafür ist, dort nachzusteuern, wo es Probleme gibt. Der CDU ist es nicht gelungen, eine Wechselstimmung zu erzeugen. Die im Vergleich zu anderen Ländern hohen Schulden, der vielfach marode Zustand der Straßen, die Skandale vom Nürburgring bis zu den Flughäfen Zweibrücken und Hahn oder der mangelnde Ausbau des Breitbandnetzes – in normalen Zeiten wären das Pluspunkte für die Opposition gewesen. Doch in dieser Zeit der Flüchtlingskrise, in der die Menschen verunsichert waren, spielte all das nur eine untergeordnete Rolle. Die Wähler suchten Orientierung bei jener, die am ehesten glaubwürdig wirkte.

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