Kommentar EU-Gipfel in Brüssel - Trippelschritte

Gegen den Willen von Angela Merkel, Kanzlerin des größten EU-Staats, kommt in Europa derzeit kaum jemand an. Das zeigt auch das Gipfel-Ergebnis, das eigentlich viel zukunftsweisender hätte ausfallen sollen. Statt des versprochen großen Schritts wagten die Europäer erneut nur Trippelschritte.

Merkel hat damit im Großen und Ganzen durchgesetzt, was sie erreichen wollte. Und verhindert, was ihr nicht behagte, zum Beispiel neue Geldtöpfe für - aus deutscher Sicht - eher sparunwilige (Süd-)Europäer. Beliebte deutsche Mantras im Krisenkampf lauten: "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" und "Schritt für Schritt".

Daran ist absolut nichts falsch - wenn man sich daran hielte. Doch auch Deutschland schürte noch vor wenigen Wochen große Erwartungen an das Gipfeltreffen. Merkel & Co. wollten ihren Bürgern und der Welt zeigen, wohin sie Europa steuern. Und damit die große Verunsicherung dämpfen, die die Menschen und Investoren derzeit befällt, wenn sie an Europa denken. Für einen Zukunftsentwurf aber ist Mut nötig. Und die Bereitschaft von Politikern, über sich, ihre Amtszeit und ihre Landesgrenzen hinaus zu denken.

Dazu jedoch ist der Druck in Deutschland nicht allzu groß. In anderen Staaten, deren Bürger die Krise viel stärker spüren, mag das anders sein. Außerdem ist klar, dass nationale Politiker, die sich - wie in Deutschland - für einen Wahlkampf rüsten, wenig Lust zu großen Veränderungen verspüren. In so einem Falle sollten die Politiker jedoch bei Bürgern und Investoren keine allzu großen Erwartungen wecken.

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