Kommentar Diskussion um "Deutschland-Fonds" - Ärgerliche Trickserei

Auf den ersten Blick sieht der Vorschlag vernünftig aus: Der Solidarpakt II endet 2019 und wird dann insofern reformiert, als auch strukturschwache Regionen im Westen Deutschlands in den Genuss der Steuerzahler-Milliarden kommen.

Die Botschaft lautet: Die Ost-Bundesländer sollen nicht mehr allein profitieren. Und das schlägt mit Christine Lieberknecht (CDU) eine ostdeutsche Ministerpräsidentin vor; sie zeigt demnach Verständnis, auch für arme Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Eine noble Geste - aber eben nur auf den ersten Blick. Denn vielmehr steckt dahinter eine ärgerliche Trickserei. Einige Regierungschefs in Ost wie West spenden Applaus, doch das macht den Vorschlag nicht besser.

Diese partei- und länderübergreifende Koalition beruht schlicht auf der Aussicht, sich weiterhin Geld aus einem Steueraufkommen namens Solidaritätszuschlag zu sichern, das nach der Wiedervereinigung zeitlich begrenzt und zweckgebunden beschlossen worden war. Auf das Geld will man nicht verzichten, deshalb soll die Abgabe beibehalten werden, künftig aber Deutschland-Fonds heißen.

Eine Wortschöpfung, die erneut die Kreativität in Staatskanzleien dokumentiert, wenn es darum geht, an das Geld der Steuerzahler zu kommen. Doch diese müssen sich darauf verlassen können, dass der Aufschlag ab 2020 nicht mehr erhoben wird.

Nun ist es richtig, dass es in der Bundesrepublik unterschiedliche Länder und Regionen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten und Strukturen gibt. Richtig ist auch, dass in Deutschland laut Grundgesetz annähernd gleiche Lebensverhältnisse herrschen sollen.

Doch dafür gibt es den Länderfinanzausgleich. Der hat sich seit seinem Bestehen zu einem undurchschaubaren Dickicht aus Gesetzen, Regeln, Rechnungen und Gegenrechnungen entwickelt. Der Finanzausgleich gilt zu Recht als ein Musterbeispiel überbordender deutscher Bürokratie. Damit werden die Milliarden weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit zwischen den Ländern hin- und hergeschoben.

Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden. Deshalb ist das notwendige Vorgehen letztlich einfach, für die Politik aber unbequem: Der Finanzausgleich wird entrümpelt und so auf das Notwendige reduziert, dass strukturschwache Regionen dann gefördert werden, wenn sie trotz nachgewiesener Bemühungen nur begrenzt erfolgreich sein können. Somit werden auch Fehlsteuerungen beendet, die aktuell die Erfolgreichen und Sparsamen eher bestrafen. Ende März reichten die Geberländer Bayern und Hessen deshalb Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Auch dadurch besteht Handlungsbedarf.

Zugleich muss der Solidaritätszuschlag wie geplant auslaufen - und darf nicht unter dem Decknamen "Deutschland-Fonds" durch die Hintertür zurückkommen.

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