Kommentar Die Nürburgring-Pleite vor Gericht - Politik und Geschäft

Man täusche sich nicht: Auch wenn eigentlich alles klar ist am Nürburgring - was da seit Dienstag im Prozess um die Pleite in der Eifel für die Angeklagten auf dem Spiel steht, ist viel, ist bitterer Ernst: Bis zu zehn Jahre Haft könnten am Ende der juristischen Aufarbeitung eines Vorganges stehen, der in fast allen Teilen einem Lehrbuch, wie man es nicht machen sollte, entnommen zu sein scheint.

Am Anfang stand ein Grundfehler: Die Politik betätigt sich als Unternehmer. Die Liste der Pleiten und Pannen, die dieses falsche Politikverständnis in der Bundesrepublik ausgelöst hat, ist lang, endlos lang.

Man blickt nach Hamburg und sieht die Elbphilharmonie, man blickt ins Emsland und sieht den Transrapid, ja, man schaut nach Bonn und sieht die WCCB-Bauruine. Überall unter dem Strich das gleiche: Politik hat sich verhoben, übernommen und/oder ist in geradezu peinlicher Provinzialität auf Wirtschaftsgangster hereingefallen, die in aller Regel später nicht mehr zu stellen sind.

In Bonn wird ein Investor mit dem schönen Firmennamen Hyundai gleichgesetzt mit dem großen Autokonzern; in der Eifel und der Schweiz hantiert ein Finanzmakler mit gefälschten Schecks eines US-Investors, was nicht so tragisch gewesen wäre, hätten sie nicht auf 67 Millionen Dollar gelautet.

Von Anfang an stand das Investitionsprojekt in der strukturschwachen Eifel zwar unter einer großen, gut gemeinten Generalidee, aber unter keinem guten Stern. Schon die Tatsache, dass der Nürburgring selbst in den 20er Jahren als Strukturförderungsprojekt gebaut wurde, hätte zu extremer Vorsicht und Zurückhaltung mahnen müssen, machte die Rennstrecke doch all die Jahre aufgrund ihres Saisoncharakters nur bescheidene Gewinne.

Das Gegenteil war der Fall: Um Ring und Region vermeintlich endgültig auf die Beine zu helfen, wurde geklotzt. Nicht durch Profis, sondern durch Politiker. Der Hauptangeklagte, der sich seit Dienstag in Koblenz verantworten muss, Ex-Finanzminister Ingolf Deubel, redete die Minister im Kabinett Beck ein ums andere Mal schwindelig, bis alles angeblich wie geschmiert lief.

Auch die künftige Ministerpräsidentin Malu Dreyer saß mit am Tisch, nickte und beschloss mit. Es war daher symbolisch, dass ausgerechnet Deubel zwei Tage vor der ebenfalls überdimensionierten Eröffnungsfete des überdimensionierten Freizeitparks zurücktreten musste.

Während Landesvater Kurt Beck immer noch betonte, der Steuerzahler werde "keinen Euro drauf zahlen". Das glaubt ihm heute keiner mehr, er selbst auch nicht, es werden Millionen sein. Politisch büßt Beck mit dem unrühmlichen Ende seiner 18-jährigen Landesvaterkarriere. Juristisch büßt sein Finanzminister. Und das Politik-Lehrbuch hat ein neues Kapitel: "Schuster, bleib bei deinen Leisten."

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