Kommentar Die Hawk-Affäre - Von Falke und Habicht

Das englische Wort "hawk" ist ein mehrdeutiges und passt deshalb perfekt zu der Affäre, die gerade das Verteidigungsministerium erschüttert. Denn dessen Minister Thomas de Maizière gibt sich gern als "Falke".

Jeglicher Linksabweichung unverdächtig, energisch, manchmal zu entschlossen, im Fußball würde man sagen: übermotiviert. So einem, das will das Klischee besagen, passieren keine Fehler. Jetzt ist das Undenkbare doch passiert: Dem Falken de Maiziere sitzt der "Habicht" Euro-Hawk im Nacken: Eine Drohne, die mit Millionenaufwand im Auftrag des Verteidigungsministeriums entwickelt wird. Wurde - muss man wohl besser sagen. Denn der Habicht wird vorerst am Boden bleiben, statt zielsicher auszuspähen, was er aus der Luft am Boden sieht.

Der Euro-Hawk ist schon jetzt ein Millionengrab für den Steuerzahler, teurer als die Pannen beim Militärtransporter A 400 M. Die (gar nicht so offene) Frage ist, wer dafür die Verantwortung trägt. Der momentane Verteidigungsminister hat die heutige politische Verantwortung für alles, was in seinem Hause läuft (oder nicht läuft).

[kein Linktext vorhanden]Aber seit Rudolf Scharping, also seit der rot-grünen Koalition, sind alle Verteidigungsminister mit dem Projekt befasst gewesen. Es hat alle Chancen, sich zum parteiübergreifenden Milliardenflop zu entwickeln.

Schon 2004, drei Jahre vor Vertragsabschluss, gab es von vielen Seiten Hinweise darauf, dass die Drohne nicht halten wird, was sie verspricht: unbemannt und zielsicher im Luftraum zu agieren. Sie wurden ignoriert.

Heute ist klar, dass das Fluggerät keine Zulassung in der Bundesrepublik erhalten wir, weil es den Luftraum massiv gefährdet: Es hat schlicht und einfach keinen automatischen Kollisionsschutz. Skandal Nummer eins also: Wie kann es unter diesen Umständen zu einem Vertragsabschluss kommen? Skandal Nummer zwei: Die Industrie ist fein raus, die Pleiten sind ihr nach dem, was man bisher über den Vertrag weiß, nicht anzulasten. Salopp formuliert: Die Auftragnehmer sind nur verpflichtet, sich um Lieferung "zu bemühen". Klappt es nicht mit dem Habicht, gibt es halt nichts. Habenichts.

Beide sich so deutlich als Skandal abzeichnende Sachverhalte wären Stoff für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Doch so kurz vor Ende der Legislaturperiode und angesichts der gemeinschaftlichen Verantwortung (fast) aller Parteien ist die Lust darauf begrenzt.

Das wird auch dem Verteidigungsminister helfen. Er spielt auf Zeit, will erst im Juni Bericht erstatten. Sein Haus bremst die Aufklärungsarbeit des Bundesrechnungshofs - noch ein kleiner Skandal. So dürfte das Ganze am Ende zwei Ergebnisse haben: Millionen Steuergelder sind wieder einmal futsch. Und der zuständige Minister dürfte fortan etwas kleinlauter auftreten. Immerhin.

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