Kommentar Deutscher Katholikentag - Brüche

Dass die katholische Kirche in Deutschland eine heile Welt darstellt, behaupten nicht einmal die Bischöfe. Nicht erst seit dem Missbrauchsskandal wissen auch sie, wie zerrissen ihre Kirche ist. Deshalb ist das Motto des Katholikentages "Einen neuen Aufbruch wagen" sehr, sehr ambitioniert. Denn zunächst einmal zeigen sich Brüche.

Der Hauptriss trennt, keine Frage, Laien und die Amtskirche. Natürlich gibt es angesehene Pfarrer, auch Bischöfe. Aber am Grundproblem ändert das wenig: Die Amtskirche wird an viel zu vielen Stellen als Teil des Problems, nicht als Teil der Lösung angesehen. Dazu gehört nicht zwingend der Umgang mit dem Missbrauchsskandal. Da haben sich die Bischöfe viel Mühe gegeben, auch wenn sie in Sorge um die Opfer dabei zu oft den richtigen Umgang mit den Tätern vermissen lassen.

Immer noch und immer noch zu oft erfahren Katholiken ihre Kirche nicht als liebende Kirche sondern als strafende. Statt der Frohen Botschaft regiert die Drohbotschaft. Das gilt nicht nur für den entwürdigenden Umgang mit Menschen, deren Ehe annulliert werden soll, das gilt auch für die Missachtung der Wünsche wiederverheirateter Geschiedener und das gilt für manch rigide Regelung im kirchlichen Arbeitsrecht. Vom Stillstand in der Ökumene ganz zu schweigen. So sehr sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, oder sein Vorgänger, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, hier auch Fortschritte wünschen, sie werden vom konservativen Flügel der Bischofskonferenz konsequent blockiert. Da ist es nur ein Symbol, dass Kölns Kardinal Joachim Meisner das Mannheimer Laientreffen boykottierte.

Meisner und der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller spielen das Aufbruchsmotto des Laientreffens gegen die Botschaft des Papstbesuches von der notwendigen "Entweltlichung" der Kirche aus, wohlwissend dass sie damit Abertausende engagierte Katholiken vor den Kopf stoßen. Denn die wollen keine "Kirche light", die sie sich selbst zusammenbasteln, die wollen "nur" eine Kirche, in der ihr Engagement, auch wenn es mal unbequem ist, willkommen ist. Ihre Fürsprecher sitzen - weit stärker als in der eigenen Kirche - zum Beispiel in den Reihen der evangelischen Christen. Was von dort in den Tagen von Mannheim an Warnungen vor einer "Weltflucht" der katholischen Kirche gekommen ist, unterstreicht das.

Zollitsch ist deshalb nicht zu beneiden. Er will die lebendige Kirche, ohne dass er dem Grundanliegen des Papstes - natürlich - widerspricht.Vielen Katholiken ist selbst dieser Spagat an der Spitze der Amtskirche egal. Sie sind des Streits mit den Offiziellen müde - und leben ihre eigene Kirche. Man mag das Resignation nennen, vielleicht ist es aber nur eine andere Form von Emanzipation.

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