Kommentar zur Verschiebung der Abstimmung über Obamacare Der Countdown läuft

Neun Wochen nach Beginn steht das Donald-Trump-Experiment in Amerika nicht vor dem Scheitern. Aber der Weg dahin bekommt Konturen.

Durch seine Neigung, konstant die Wahrheit zu misshandeln und Verschwörungstheorien als Lautsprecher zu dienen, hat der Präsident seine Glaubwürdigkeit strapaziert. Mit den Russland-Ermittlungen des FBI und dem vor Gericht ins Stocken geratenen Einreisebann für Muslime hat sich Trump zudem zwei lästige Hypotheken ans Bein gebunden.

Im Showdown um die Reform der Krankenversicherung kommen nun Zweifel an der Fähigkeit hinzu, die Trump wie eine Monstranz vor sich herträgt: die des Machers, der wie kein anderer Geschäfte ("Deals") abzuschließen versteht. Im Umgang mit der eigenen Partei, in der sich Fundamentalisten und Moderate unversöhnlich gegenüberstehen, wird deutlich, was Trump darunter versteht: Erpressung. Sein Ultimatum vor der Abstimmung zu "Obamacare/ Trumpcare" war unangemessen.

Millionen Amerikaner betrifft, was der Kongress zur Krankenversicherung entscheidet. So, wie es ist, kann das System nicht bleiben. Es würde implodieren. Was Trump will, liefe auf Verschlimmbesserung hinaus. Im Eiltempo durchzupeitschen, was die Republikaner in sieben Jahren nicht konsensuell hingekriegt haben, ergibt wenig Sinn. Im Senat wäre ein "Ja" im Repräsentantenhaus ohnehin geschreddert worden. Die Last-Minute-Absage der Abstimmung ist zwar hochpeinlich, aber kein Beinbruch. Ob Trump daraus lernt, ist zweifelhaft. Der Präsident begann bereits mit der Schuldzuweisung. Tenor: Ich war's nicht.

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