Kommentar Bundeswehr im Auslandseinsatz: Krisen und Kriege

Wieder eine Inspektion. In einem instabilen Staat. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich gerade im westafrikanischen Mali ein Bild von der Lage gemacht, wo deutsche Soldaten als Teil eines EU-geführten Auslandseinsatzes Soldaten der malischen Armee ausbilden.

Seit dieser Woche führt Deutschland nun auch die EU-Trainingsmission im Süden des Landes. Deutsche Soldaten in Afrika - das ist seit dem Einsatz im Kongo (2006) und der immer noch laufenden Anti-Piraten-Operation am Horn von Afrika vor der Küste Somalias nicht mehr neu. Afrika liege zwar in der Hand der Afrikaner, aber der europäische Nachbarkontinent brauche Hilfe zur Selbsthilfe, hat von der Leyen immer wieder betont. Also trainieren Bundeswehr und andere europäische Streitkräfte die mangelausgerüstete malische Armee darin, wie Minen geräumt, Pontonbrücken über den Niger gezogen oder Straßensperren errichtet werden.

Als im März 2012 radikale Islamisten den Norden Malis besetzt hatten und das gesamte Land in Chaos zu versinken drohte, entschloss sich Frankreich mit Spezialkräften und der Fremdenlegion neun Monate später zum Eingreifen. Afrika ist für die einstige Kolonialmacht Frankreich zu wichtig, als Staat um Staat an Gotteskrieger zu verlieren. Und Europa erklärte umgehend seinen Beistand. Auch Deutschland hat jedes Interesse, dass der afrikanische Kontinent möglichst keine Instabilität und Terrorgefahr exportiert - von den Flüchtlingsströmen, die solche Krisen provozieren, ganz zu schweigen. Von der Leyen hatte 2014 bei ihrem Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz ja schon gesagt: "Abwarten ist keine Option. Wenn wir über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, dann haben wir auch eine Verantwortung, uns zu engagieren." Krisen und Kriege fordern Deutschland.

Das bleibt ein Wort, gerade aus dem Munde der Verteidigungsministerin eines Landes, das sehr lange sehr gut mit der Kultur der militärischen Zurückhaltung gelebt hat. Doch die Zeiten ändern sich. Das souveräne Deutschland kann sich nicht mehr wegducken, erst recht, wenn eines Tages doch noch ein ständiger deutscher Sitz im UN-Sicherheitsrat abgestrebt werden soll.

So ist die Liste der Auslandseinsätze der Bundeswehr über die Jahre gewachsen. Aktuell sind rund 2700 deutsche Soldatinnen und Soldaten beinahe rund um den Erdball eingesetzt: Afghanistan, Usbekistan, Kosovo, Türkei, Südsudan, Sudan, Mali, vor der libanesischen Küste, am Horn von Afrika, in Nordirak und in Liberia. Und das wird natürlich nicht das Ende sein. Die chronisch unterfinanzierten Vereinten Nationen setzen gern auf deutsche Beiträge. In der Nato ist jedes Mitglied ohnehin gefordert. Und in der EU kann sich gerade Deutschland nicht wegstehlen. Doch Engagement weckt auch Nachfrage. Die nächste Mission kommt garantiert.

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