Kommentar Arbeitsteilung zwischen Berlin und Bonn: Das Gebot der Stunde

Forderungen, die ungehört verhallen, verfehlen ihren Zweck. So ist es etwa mit dem Ruf "Wort halten", der alle paar Wochen von Bonn nach Berlin geht, ohne dort irgend etwas auszulösen. Die nordrhein-westfälische Bundesratsministerin Angelica Schwall-Düren hat Recht: "Schlachten, die man schon verloren hat, sollte man nicht mehr zu schlagen versuchen."

Man darf also ruhig die Wahrheit sagen und nicht nur hinter vorgehaltener Hand darüber munkeln. Die Wahrheit ist: Das Berlin-Bonn-Gesetz wird nicht eingehalten. Weder werden die ersten Dienstsitze der Ministerien - sechs an der Zahl -, die in Bonn verblieben sind, von den jeweiligen Amtsinhabern tatsächlich genutzt, noch ist die Mehrheit der ministeriellen Arbeitsplätze am Rhein verblieben. Regiert wird in Berlin und Tag für Tag mit mehr Ministerialbeamten. Das ist so und niemand klagt dagegen. Und noch mehr: Im Bundestag - das mag man hier nicht gerne hören - käme über Nacht ein Gesetz zustande, das die Regierung komplett nach Berlin holte. Da täusche sich niemand.

Das ist der Teil der aktuellen Fakten. Der andere ist der staatspolitische, der historische, der Verantwortungs-Teil. Dieses Land weiß, was es Bonn verdankt. Deshalb wird diese Stadt immer eine hervorgehobene Rolle im Gefüge seiner staatlichen Institutionen spielen. Bonn ist kein Almosenempfänger, sondern eine historische Größe dieser Republik. Den Status der Bundesstadt jetzt neu zu verhandeln und ihm damit eine dauerhafte Basis zu geben, ist deshalb kein Verrat an dieser Stadt, sondern das Gebot der Stunde.

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