Kommentar zur Streif-Sturzorgie Alle kennen die Gefahr

Meinung | Bonn · Schwere Stürze bei der weltberühmten Abfahrt in Kitzbühel werfen die Sicherheitsfrage im Skirennsport neu auf. Die Sportler selbst müssen entscheiden, ob sie die Gefahr eingehen wollen, meint GA-Sportchef Berthold Mertes.

 Aksel Lund Svindal bei seinem schweren Sturz.

Aksel Lund Svindal bei seinem schweren Sturz.

Foto: afp

Felix Neureuther ist Slalom-Spezialist, beherrscht den Tanz durch den Stangenwald meisterlich. Das Geradeausfahren im Intercitytempo – auf schmalen Latten – ist nicht unbedingt sein Ding. Und obwohl auch seine auf Skibrettern nicht gänzlich unerfahrenen Eltern Rosi Mittermaier und Christian Neureuther ihm davon abraten, will auch der zurzeit populärste deutsche Skirennläufer sich irgendwann in die gefürchtetste Rennpiste der Welt mit ihren bis zu 85 Prozent Gefälle im Zielschuss stürzen. Aber erst gegen Karriereende, hat er versprochen. Und entsprechend vorbereitet.

Dieses Hin- und Hergerissensein zwischen Faszination und Furcht ist es, was alle Skirennläufer in ihren Bann zieht, wenn die Rede auf die Streif kommt. Sie verzeiht keine Fehler. Auf keiner Piste liegen Ehre und Exit so nah beieinander. Hop oder Top, Ruhm oder Rettungshubschrauber.

Deshalb ist es auch keineswegs skandalös, was am Wochenende dort passierte. Die Zwänge sind bekannt: Hohe Fernsehgelder haben den Druck immens erhöht, Rennen auch bei grenzwertigen Umständen stattfinden zu lassen. Dennoch ist den Entscheidern im aktuellen Fall keine Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen. Die Piste war bestens präpariert, das bezeugten alle Beteiligten, die Sichtverhältnisse nicht gut, aber noch im Rahmen. Und nach den besten 30 Startern wurde abgebrochen, um die weniger Erfahrenen nicht unnötiger Gefahr auszusetzen.

Es hat Aksel Lund Svindal erwischt, den derzeit überragenden Skirennläufer. Das ist der Spannung im Weltcup abträglich und persönlich bitter für den sympathischen Norweger. Wie für die Österreicher Hannes Reichelt und Georg Streitberger, die ebenfalls im Krankenhaus landeten. Aber kein Skandal. Das Risiko ist immer grenzwertig in diesem Sport, der mangels Karosserie gefährlicher für Menschen ist als die Formel 1. Solange Skirennen in jetziger Form aber nicht abgeschafft werden, gilt für die Protagonisten der Grundsatz: Sie kennen die Gefahr und wissen, was sie tun.

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