Kommentar Alice Schwarzer - Keine bella figura

Alice Schwarzer hat sich emanzipiert. Doch dieses Mal geht es nicht um die Gleichberechtigung von Mann und Frau. In diesem speziellen Fall hat sich die Frauenrechtlerin über Jahre selbst von der Pflicht befreit, Steuern für einen beträchtlichen Geldbetrag zu bezahlen, den sie über viele Jahre auf einem Schweizer Konto vor dem deutschen Fiskus versteckt hatte.

Schwarzer galt lange Zeit als eine Vertreterin der Avantgarde. Doch Steuerhinterziehung ist weder fortschrittlich noch schick. Es ist schlicht eine Straftat.

Die einst führende Vertreterin der Frauenbewegung in Deutschland schrieb Bestseller, an denen sie gut verdiente. Sie ist Verlegerin der Frauenzeitschrift "Emma" und sie ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Vorbildfunktion. Hier hat Schwarzer versagt. Es geht hier nicht um eine lässliche Verfehlung.

Schwarzer macht in Talkshows und als Modeexpertin gerne bella figura. Doch in diesem Fall fehlten ihr über drei Jahrzehnte Anstand und auch (Steu-er-)Moral, die sie von anderen in gesellschaftlichen Debatten immer wieder eingefordert hat.

Schwarzer hat das Instrument der Selbstanzeige beim Finanzamt genutzt und Steuern für die Zinsen nachgezahlt, in denen ihr Vergehen noch nicht verjährt ist. Wenn Schwarzer jetzt von Rufmord spricht, muss sie sich fairerweise selbst fragen, um welchen Ruf es hier geht. Um den einer Steuersünderin, die 200 000 Euro nachzahlt, sich reuig gibt und dann einfach wünscht: Schwamm drüber? So einfach ist es nicht. Schwarzer hat zeitlebens gerne öffentliches Interesse provoziert. Jetzt hat sie es einmal anders.

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