Kommentar zu Polizeieinsätzen im Profifußball Stolperfalle für die Vereine

Meinung | Bonn · Sie verdienen den Schutz, den leider immer öfter nur die Polizei gewährleisten kann: ältere Menschen, Mütter und Väter mit Kleinkindern sowie Fußballfans, die einfach nur Sport sehen wollen. Aber wer zahlt die Einsätze?

Die Frage, wer solche Polizeieinsätze bezahlt, bleibt nach dem Gerichtsurteil zum Nachteil der Deutschen Fußball Liga (DFL) umstritten.

Leicht hat es in der Meinungsfindung, wer sich auf populistische Argumente beschränkt. Zum Beispiel: Wie kann sich eine Branche so anstellen, deren moralische Grundsätze fragwürdig erscheinen. In der 80 Millionen für diesen, 100 Millionen für jenen Spieler und 222 Millionen Euro für den Brasilianer Neymar fließen. In der alles nach dem Motto zu laufen scheint: Was kostet die Welt?

Wer 2,2 Milliarden Jahresumsatz macht wie die DFL, der sollte 425.000 Euro Kosten abnicken, oder? Dieser Betrag stand auf dem Gebührenbescheid, den das Bundesland Bremen dem Fußballverband 2015 für Polizeieinsätze am Tag des Hochrisikospiels zwischen dem SV Werder und dem Hamburger SV in Rechnung stellte. Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat diesen Bescheid nun für rechtens erklärt und das erstinstanzliche Urteil aufgehoben, die Revision ist auf dem Weg.

Es schadet gewiss nicht, dass König Fußball einen Zacken aus der Krone verliert – zum Nachdenken gibt es genügend Anlass in Zeiten von Entfremdungstendenzen unter den Fußballfreunden. Sie wollen keine Montagsspiele, protestieren gegen die nach oben offene Kommerzskala und die immer kreativeren Konzepte, Bezahlschranken vor Fernsehübertragungen zu errichten. Man mag den Fußball zum reinen Hochglanzprodukt verkommen sehen. Weit weg von seinen Wurzeln, vieler Ideale entraubt. Das aber ist ein anderes Thema. Ein Problem des Fußballs.

Anders als die Sicherheitsfrage. Hier greift die gängige Auffassung zu kurz, der reiche Fußball solle zahlen anstelle des Bürgers, mit dessen Steuergeldern die Polizisten entlohnt werden. Vor allem, weil differenziert werden muss zwischen den Einsätzen innerhalb und außerhalb der Stadien. Innerhalb gilt das Hausrecht, Vereine fußball zahlen die Sicherheitsdienste – draußen das Gewaltmonopol des Staates. Vollzugsbeamte schützen den Bürger vor Übergriffen.Wer eine Party feiert und wegen eines Randalierers die Polizei ruft, darf dies auch, ohne eine Rechnung befürchten zu müssen.

In der Sicherheitsfrage muss für den Fußball das gleiche Recht gelten wie für andere gesellschaftliche Bereiche. Für Demonstrationen ist das selbstverständlich, es gilt aber auch für kommerzielle Rockkonzerte. Eine Stolperfalle baut das Bremer Urteil womöglich ungewollt abseits großer Bühnen auf. Was ist mit Lok Leipzig? Oder dem Bonner SC? Müssen auch die Kleinen zahlen, wenn der Fußball als Plattform für Gewaltaktionen missbraucht wird? Das ist eine unter Umständen existenzbedrohende Frage, die offen bleibt.

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