Bonner Forscher klärt auf Am Anfang war zunächst das Ei

BONN · Was gab es zuerst auf dem Land: Tiere, die Eier legen, oder Lebewesen, die ihre Jungen lebend gebären? Der Paläontologe Prof. Dr. Martin Sander von der Universität Bonn weist in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachmagazins "Science" nun einen Weg aus diesem Paradoxon.

 Der Keichousaurus aus Yichang/China ist mit 235 Millionen Jahren einer der ältesten Belege für lebend gebärende Meeresreptilien. Drei Embryonen sind mit roten Pfeilen gekennzeichnet.

Der Keichousaurus aus Yichang/China ist mit 235 Millionen Jahren einer der ältesten Belege für lebend gebärende Meeresreptilien. Drei Embryonen sind mit roten Pfeilen gekennzeichnet.

Foto: Klein/Uni Bonn

Paläontologen gehen davon aus, dass bei den Landtieren die Reproduktion durch Eier weit früher vorkam als durch Föten im Mutterleib. Der Fossilbericht zeigt jedoch genau das Gegenteil.

In der Wissenschaft herrscht die Meinung vor, dass Eier legende Landtiere in der Erdgeschichte deutlich vor den lebend gebärenden aufgetaucht sein müssen. "Der Erfolg der Landtiere beruht auf ihrer besonderen Reproduktion durch Eierlegen", sagt Sander vom Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie. "Damit konnten auch trockene Lebensräume besiedelt werden, die Amphibien nicht offenstehen." Auch Meeressaurier stammen wie Wale und Robben von Landtieren ab und waren ursprünglich Eierleger, wie etwa Meeresschildkröten.

Allerdings sind die Fossilien von lebend gebärenden Reptilien wesentlich älter als die ältesten Eierfunde. So stellten im März südamerikanische und französische Forscher um Graciela Pineiro in "Historical Biology" den bislang ältesten Fund eines schwangeren Muttertiers des primitiven Meeresreptils Mesosaurus aus Südamerika vor, das auf rund 280 Millionen Jahre datiert wird. Zum Vergleich: Die fossile Überlieferung von Eiern setzt erst mit den kalkigen Eierschalen der Dinosaurier vor frühestens 220 Millionen Jahren ein.

Sander weist nun in der aktuellen Ausgabe von "Science" einen Weg, wie sich dieses Paradoxon auflösen lässt: "Eier legende Lebewesen kamen früher vor als lebend gebärende, aber ihre Eier fossilisieren schlechter als schwangere Muttertiere."

Das ursprüngliche Landtier-Ei habe eine weiche, ledrige Schale gehabt, das im Lauf der Jahrmillionen nicht erhalten wurde. Besser erhaltbare kalkige Schalen kamen erst später hinzu. Damit gibt es kein Zeugnis von den frühen Eierlegern mehr. Dagegen seien die lebend gebärenden Meeressaurier besonders gut überliefert. Von Meeresreptilien wie den bekannten Fischsauriern aus Holzmaden in Süddeutschland oder den Plesiosauriern (Paddelechsen) sind in den Fossillagerstätten ganze Skelette erhalten - und die braucht man, um schwangere Muttertiere nachzuweisen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort