Penaten-Creme ist hundert Jahre alt

Apotheker Max Riese aus Rhöndorf erfand den Wundschutz im Jahr 1904 - 1986 übernahm Johnson & Johnson das Unternehmen - Letzte Penaten-Abteilung verlässt den Standort Ende des Jahres

Bad Honnef. Sie hat vermutlich mehrere Millionen von Babypopos gepflegt und mindestens ebenso vielen Müttern und Vätern das Leben erleichtert. An diesem Freitag vor 100 Jahren wurde die Penaten-Creme beim Reichspatentamt in Berlin angemeldet.

Max Riese, Inhaber einer kleinen Drogerie im Bad Honnefer Ortsteil Rhöndorf, hatte im Jahr 1904 den - wie sich heraustellen sollte - millionenschweren Einfall. Er entwickelte den ersten Wundschutz für Babys und legte damit Grundstein für die Marke Penaten, die bis heute Marktführer auf dem deutschen Babypflegemarkt ist.

Der Apotheker nahm die Wolle von Schafen, kochte sie aus und verwendete das daraus gewonnene Wollfett als Grundlage für eine Creme. Übrigens: Der Name Penaten stammt aus der römischen Mythologie und bezeichnet die Schutzgötter, die für das häusliche Glück und das Wohlergehen von Familie und insbesondere Kleinkindern verantwortlich sind.

Die Nachfrage stieg und bald war die Hinterstube der Drogerie zu klein. Riese gründete in Rhöndorf eine Firma mit dem Ziel, 10 000 Dosen im Monat zu produzieren. 1929 verließen mehr als 400 000 Dosen das Werk. Zehn Jahre später, nachdem Riese seine Fabrik ausgebaut hatte, waren es stolze 6 019 000 Cremetöpfchen im Jahr. Nach dem Krieg wurde das Sortiment erweitert: 1951 kamen das Penaten Puder, Öl und Seife auf den Markt, später folgten Öltücher und Shampoo. Anfang der 80er Jahre hatten die Dr. Riese und Co. OHG und die Penaten-Pharmazeutische Fabrik D. med. Riese und Co. GmbH rund 450 Beschäftigte.

1986 übernahm der US-Konzern Johnson & Johnson das Rhöndorfer Unternehmen. "Die Marke Penaten passte von ihrer Philosophie, Zielgruppe und Produktportfolio sehr gut zu uns, als einem der weltweit führenden Gesundheitskonzerne", sagt Edda Andresen von Johnson & Johnson.

Die Nachricht kam völlig überraschend. 316 Mitarbeiter bangten um ihre Jobs. Denn: "Penaten ist seit der Übernahme kein klassisches Familienunternehmen mehr. Innerhalb von Johnson & Johnson ist Penaten jedoch eine wichtige und eigenständige Babypflegemarke geblieben", sagt Andresen.

1989 drohte das Unternehmen mangels Expansionsmöglichkeiten in Rhöndorf, sich einen anderen Standort zu suchen. Unter der Regie von Johnson & Johnson wurde die Produktion Stück für Stück vom Standort Rhöndorf abgezogen. 1988/89 drohte dem Rhöndorfer Werk das Aus, Weihnachten 1998 war das dann Fakt. Aus "globalen wirtschaftlichen Erwägungen", wie es damals hieß, wurde die Produktion nach und nach nach Italien und Frankreich verlagert. Die 225 Beschäftigten verloren ihre Jobs. Sie wurden teils umgeschult, qualifiziert, gingen in den Vorruhestand. Die letzten Mitarbeiter werden Ende dieses Jahres ihre Schreibtische räumen. Sie waren mit der Abteilung "Forschung und Entwicklung" in Rhöndorf geblieben.

"Am Standort im französichen Val de Reuil beschäftigt das Unternehmen bereits 100 Mitarbeiter im Bereich Forschung & Entwicklung für Gesichts- und Körperpflege. In der Zusammenlegung der Teams aus Rhöndorf und Val de Reuil an einem gemeinsamen Standort sehen wir eine große Chance: Die Ressourcen werden gebündelt und der Austausch unter den Wissenschaftlern gefördert. Zusätzlich ist die Nähe zur Produktion gegeben", erklärt Andresen.

Doch auch im neuen Unternehmen wird Tradition bewahrt: Bis heute hat sich das Erscheinungsbild der Penaten Creme nicht wesentlich geändert. Die gelbe Sonne auf blauem Untergrund und die Figur des Schäfers sowie die Signatur von Max Riese ziert seit jeher jede Dose. "Und auch die Rezeptur der klassischen Penaten Creme hat sich in den letzten 100 Jahren kaum verändert", sagt Andresen.

Der Produktionsstandort Rhöndorf allerdings hat sich sehr verändert. Auf dem Gelände solle ein Dienstleistungszentrum in einem Gewerbegebiet entstehen, kündigte Armin Wolfgang Müller, Geschäftsführer der Honnefer-Business-Park GmbH an. Auf dem rund 45 000 Quadratmeter großen Areal wird alter Baubestand - mit fünf Villen - kernsaniert und modernisiert. Etwa 30 Gebäude werden neu errichtet. Die Grünzone des Geländes ist dabei dem Wohnen gewidmet. "Wir möchten einen kleinen Stadtteil im Stadtteil Rhöndorf schaffen mit einer kleinen Piazza mit Bäumen, einem Brunnen, einem Café und vielleicht einem Kinderspielplatz oder einem Bürgerzentrum, eben einer Veranstaltungsfläche", sagte Müller.

Dass das ehemalige Penaten-Gelände ein junger Stadtteil werden könnte, deutet sich bereits an. Denn die erste Honnefer Offene Ganztagsschule ist, zumindest vorläufig in den Business-Park eingezogen und zwar in die ehemalige Penaten-Kantine.

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