"Runder Tisch" in Bonn/Rhein-Sieg wirbt für Nachwuchs Gute Chancen in Pflegeberufen

BONN · Der Bedarf an Fachkräften steigt auch in der Region. "Wenn ich nach Hause komme, habe ich das Gefühl, dass mich meine Arbeit erfüllt. Das war in meinem Studium nicht so", sagt Juliane Mielke. Sie hat ihr Studium der Sonderpädagogik abgebrochen und macht jetzt eine Ausbildung zur Altenpflegerin.

 Wegen des demografischen Wandels bietet der Pflegesektor glänzende Aussichten für Fachkräfte.

Wegen des demografischen Wandels bietet der Pflegesektor glänzende Aussichten für Fachkräfte.

Foto: ap

Ganz ähnlich sieht das Johanna Simon, die zunächst Jura studierte, damit aber nicht zufrieden war: "Ich habe die traurige Erfahrung gemacht, dass ich mich vom Schreibtisch nicht mehr wegbewegte." Jetzt macht sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin.

Die beiden jungen Frauen haben sich für eine Ausbildung in den zukunftsträchtigen Pflegebeberufen entschieden. Die Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg will nach den Worten von Agenturchefin Marita Schmickler-Herriger bei jungen Menschen das Interesse dafür wecken. In der Region gibt es dazu den "Runden Tisch Gesundheitswirtschaft", an dem sich Vertreter der Stadt Bonn, des Rhein-Sieg-Kreises, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Initiative "Health Region Cologne" Bonn und die Bundesagentur für Arbeit sowie die Jobcenter Bonn und Rhein-Sieg beteiligen und gemeinsam handeln wollen. Monika Cremer-Biermann, Gesamtleiterin des Fachseminars für Altenpflege der DRK-Schwesternschaft Bonn, ist überzeugt: "Wir werden in der Pflege alle brauchen."

Die Motive für eine Ausbildung ähneln sich oft. Für Matthias Zäck, ebenfalls Auszubildender in der Gesundheits- und Krankenpflege, war der zwischenmenschliche Kontakt sehr wichtig: "Es hat mir schon zu Schulzeiten gelegen, mit Menschen zu arbeiten." Bessima Canolli, Auszubildende in der Altenpflege, "wollte etwas tun, was einen Sinn macht." Täglich in Kontakt mit pflegebedürftigen Menschen stehen, konkret helfen und seinen eigenen Beitrag leisten: Für viele sind das wichtige Argumente für eine Ausbildung im Pflegesektor.

Abschreckend wirken möglicherweise auf den ersten Blick die relativ geringe Bezahlung, ungewöhnliche Arbeitszeiten sowie die starken psychischen wie physischen Belastungen. Davon solle man sich nicht einschüchtern lassen, sagt Johanna Simon, denn "am Ende überwiegt das, was man von den Menschen, die man pflegt, zurückbekommt: Dankbarkeit." Inge Heyer, Leiterin des Bonner Gesundheitsamtes, bezeichnet daher auch die Pflegeberufe als anspruchsvoll, deren Ausbildung jeden einzelnen fordere.

Generell stehen die Pflegeberufe allen offen, egal ob Hauptschüler oder Realschüler, Abiturient oder bereits in einer anderen Branche Berufstätiger. Wer nicht genau weiß, ob die Ausbildung für ihn das Richtige ist, dem empfiehlt Schmickler-Herriger zunächst ein Orientierungspraktikum. Die Bundesagentur bietet beispielsweise eine sogenannte Einstiegsqualifizierung an, bei der jungen Menschen ein höchstens einjähriges Praktikum ermöglicht wird, indem die Arbeitsagentur die Arbeitgeber finanziell unterstützt.

Dass aus der Arbeit letztlich doch lähmende Routine werden könnte, glaubt Mielke nicht: "Es wird nie langweilig."

Pflegeberufe - Ausbildung und Einkommen

In Deutschland wird es künftig mehr alte und pflegebedürftige Menschen geben. Ein Wirtschaftszweig, der deshalb wächst, ist der Pflege- und Gesundheitssektor. Dort herrscht inzwischen ein dauernder Bedarf an qualifizierten Fachkräften. Allein im Raum Bonn wuchs die Zahl der Beschäftigten im Berufsfeld Pflege von 2010 auf 2011 um etwa 500 auf rund 12.000 Stellen - darunter Sozialarbeiter, Hebammen, aber auch Krankenschwestern und -pfleger.

Pflegeberufe stehen grundsätzlich Absolventen aller Schularten offen. Die Ausbildung dauert für Krankenpflegehelfer ein Jahr, für Kranken- und Altenpfleger drei Jahre. Als Auszubildender erhält man bei dreijährigen Lehren im öffentlichen Dienst zwischen gut 800 und knapp 1000 Euro je nach Lehrjahr monatlich. Nach der dreijährigen Ausbildung beispielsweise zum Krankenpfleger erwarte die Absolventen ein garantierter Arbeitsplatz mit Weiterbildungsmöglichkeiten, erklärt Inge Heyer, Leiterin des Bonner Gesundheitsamtes.

In staatlichen und kommunalen Einrichtungen, wie zum Beispiel Landeskrankenhäusern, Universitätskliniken, Kreiskrankenhäusern, erfolgt die Bezahlung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Das Grundgehalt wird durch teilweise abgabenfreie Zuschläge wie Ortszulage, Schichtzulage, Tarifzulage, Psychiatriezulage oder bei Nachtarbeit (Nachtzuschlag) ergänzt. Je nach Alter, Familienstand und Arbeitszeit liegt das Einkommen bei etwa 1100 bis 2300 Euro netto monatlich.

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